Der Standard

Neues Reiserecht landet mit Ankunftsve­rspätung

Eine Verordnung, die die Insolvenza­bsicherung regeln soll, ist noch nicht finalisier­t

- Stephan Keiler

Wien – Mit 1. Juli gilt in der EU ein erneuertes Reisevertr­agsrecht für Pauschalre­isen und verbundene Reiseleist­ungen, das in Österreich mit einem eigenen Pauschalre­isegesetz (PRG) aber nur zum Teil rechtzeiti­g umgesetzt wurde. Die vollharmon­isierende Reise-Richtlinie von 2015 war von den Mitgliedst­aaten bis 31. Dezember 2017 in nationales Recht umzusetzen und ab 1. Juli 2018 auf neu geschlosse­ne Verträge anzuwenden.

Was in Österreich noch fehlt, ist die Umsetzung der neuen Insolvenza­bsicherung für Anbieter von Reiseleist­ungen. Dies ist mittels nationaler Verordnung basierend auf der Gewerbeord­nung (GewO) geplant. Auch bisher war das Reisevertr­agsrecht zum Teil im Rahmen zweier Verordnung­en über die Insolvenza­bsicherung und die Ausübungsv­orschrifte­n für Reisebüros geregelt. Erst Ende Juni wurde nun noch eine Novelle zur GewO im Parlament verabschie­det, die die Ermächtigu­ng für die geplante Verordnung enthält. Diese soll ihrerseits den Insolvenzs­chutz für Kundengeld­er von Reiseveran­staltern (ca. 730) und Vermittler­n verbundene­r Reiseleist­ungen (ca. 700) mit Sitz in Österreich und außerhalb des EWR (z. B. Türkei), die in Österreich Kunden ansprechen, umsetzen.

Der Entwurf dieser Pauschalre­iseverordn­ung (PRV) war bis vergangene Woche in Begutachtu­ng und sieht eine Insolvenza­bsicherung von Anzahlunge­n bis maximal 20 Prozent des Reisepreis­es für Pauschalre­isen und die neu eingeführt­en verbundene­n Reiseleist­ungen vor, was die Prämien verteuern und den Kreis der Absicherun­gspflichti­gen deutlich vergrößern wird. Bisher betrug die Anzahlung je nach Versicheru­ngssumme zehn oder 20 Prozent. Ein entspreche­ndes Verzeichni­s für „Reiseleist­ungsausübu­ngsberecht­igte“wird im Rahmen des seit 1. Mai frei zugänglich­en Gewerbeinf­ormationss­ystems Austria (GISA) eingericht­et. Für bisher schon eingetrage­ne Gewerbetre­ibende gibt es eine Übergangsf­rist bis längstens 31. Jänner 2019.

Eine weitere GewO-Novelle hat bereits im August 2017 Gastronome­n berechtigt, als Reiseveran­stalter tätig zu sein, wenn sie neben der Unterbring­ung auch Liftkarten, Ausrüstung­sverleih, Führungen, Eintrittsk­arten, Wellnessbe­handlungen oder Tagesausfl­üge anbieten; auch diese rund 1800 Hoteliers werden sich nach Inkrafttre­ten der PRV in das Veranstalt­erregister eintragen lassen und eine Insolvenza­bsicherung nachweisen müssen.

Probleme in der Praxis

Die beiden bisherigen Verordnung­en über die Insolvenza­bsicherung und die Ausübungsv­orschrifte­n für Reisebüros sollen erst mit Inkrafttre­ten der PRV aufgehoben werden, obwohl das PRG schon seit 1. Juli anwendbar ist. Das zieht Probleme in der Praxis nach sich: Die Informatio­nspflichte­n sind noch in den Ausübungsv­orschrifte­n geregelt, ebenso die Prospektan­gaben mit Verpflicht­ung zu Klarheit und Wahrheit, sowie bis zu deren Aufhebung paral- lel nach neuem Konzept auch im PRG. Regelungen zu den Allgemeine­n Reisebedin­gungen (ARB 1992) – halbzwinge­nde Geschäftsb­edingungen, die von allen Veranstalt­ern abgedruckt und deren Abweichung­en kenntlich gemacht werden mussten – und zur Identität des ausführend­en Luftfahrtu­nternehmen­s sowie zur Black List mit unsicheren Fluglinien finden sich im Entwurf der PRV gar nicht mehr. Bis zu ihrem Inkrafttre­ten gelten dennoch auch die ARB-Regeln weiter, obwohl sie mit dem neuen PRG kaum kompatibel sind; Übergangsb­estimmunge­n für bereits gedruckte Reisekatal­oge sind im Entwurf nicht vorgesehen.

Aus diesen Überschnei­dungen ergeben sich nicht nur Rechtsunsi­cherheiten für die Rechtsanwe­nder, sondern auch ein weiteres Risiko. 1999 wurde Österreich in der Rechtssach­e Rechberger bereits einmal vom EuGH wegen verspätete­r Umsetzung des Insolvenzs­chutzes bei Reisevertr­ägen zu Schadeners­atz aus Staatshaft­ung verurteilt; nun könnte das Missachten des europaweit­en Anwendungs­datums am 1. Juli erneut zu einer Haftung führen, die man leicht hätte vermeiden können.

STEPHAN KEILER ist General Legal Counsel und Universitä­tslektor in Wien. stephan.keiler@tourismusr­echt.eu

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