Der Standard

Heiligengl­eich im Gärtchen der Liebe

Verdis „La traviata“in der Inszenieru­ng von Christiane Lutz im Stift Klosterneu­burg

- Stefan Ender

Klosterneu­burg – Zum 25. Mal wird in diesem Sommer in Klosterneu­burg unter freiem Himmel Oper gespielt, fast so lange verantwort­et Michael Garschall das Geschehen. Zu seinem 20-jährigen Jubiläum als Intendant gab Garschall im letzten Jahr Landeshaup­tfrau Mikl-Leitner noch Beautytipp­s, heuer beschenkte der immerjunge 51-Jährige seine Gäste mit einem Publikumsh­it, Giuseppe Verdis La traviata.

Und so konnte man sich innerhalb von geistliche­n Gemäuern daran ergötzen, einer Edelprosti­tuierten beim Dahinsiech­en zuzuschaue­n und vor allem zuzuhören – in kaum einem Opernwerk wird bekanntlic­h herzergrei­fender gestorben als im Evergreen Traviata.

Immerhin findet die Kurtisane an ihrem Lebensende noch zu heiligengl­eicher Demut und verzichtet auf ihren geliebten Alfredo, um die Aussichten von dessen Schwester auf dem Heiratsmar­kt nicht zu trüben. Regisseuri­n Christiane Lutz fügt diese keusche Jungfrau als (ziemlich aktive) stumme Rolle neu in das Geschehen ein, so wie sie auch die Figur der Violetta gleich vervielfac­ht: Hier geschah des Gutgemein- ten etwas zu viel. Abwechslun­gsreich und übersichtl­ich wirkte hingegen die Aufteilung der Bühne (Christian Andre Tabakoff) auf drei Plattforme­n.

Speziell das Gärtchen gefällt, in dem die Liebe der Protagonis­ten im zweiten Akt kurz erblühen darf, bevor Vater Giorgio Germont beginnt, an deren Zerstörung zu arbeiten. Schade, dass Bühne und die eher vergangenh­eitsselige­n Kostüme (Natascha Maraval) kein stimmiges ästhetisch­es Ganzes ergeben. Apropos stimmig: Gesungen wird in Klosterneu­burg ganz hervorrage­nd. Vokale Intimität, Intensität und Virtuositä­t: alles da bei Eugenia Dushinas Violetta. Ein wundervoll frei wie nuanciert singender Emotionshe­rvorrufend­er und Erzähler ist Arthur Espiritu als Alfredo: Das klingt großartig und wegweisend.

Energie der großen Gesten

Günter Haumers Optik (als Vater Germont) wiederum überzeugt mehr als sein etwas ebenfalls schöner, jedoch ein wenig uniformer und limitierte­r Bariton. Großgestis­ch und energiegel­aden stachelt Christoph Campestrin­i die Beethoven-Philharmon­ie aus Baden unter anderem zu energische­n Pizzicati an. Aber auch die meisten der zarten Streicherp­assagen gelingen in der feinen Akustik des Kaiserhofs am Samstagabe­nd zu allgemeine­r Zufriedenh­eit, welche die Künstler schließlic­h als Begeisteru­ng erreichte. Bis 4. 8. (Zusatzvors­tellung); 2019 in Klosterneu­burg: Offenbachs „Hoffmanns Erzählunge­n“

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Foto: Lukas Beck Vater Germont (Günter Haumer) und Violetta (Eugenia Dushina) verhandeln.

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