Der Standard

Schultersc­hluss gegen USA

Aufholproz­ess eingeleite­t – E-Autos erfordern riesige Kapazitäte­n – Asien gibt bei Zellen weiterhin den Ton an

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Kanzlerin Angela Merkel und Chinas Premier Li Keqiang werben für Freihandel – ohne Trump namentlich zu erwähnen.

Berlin/Wien – Geht es nach führenden Experten, hat Europa ein Problem. Die für die E-Mobilität zentrale Batterienf­orschung und -produktion geht zusehends am alten Kontinent vorbei. Ohne eigene Batterieze­llfabriken könnten weite Teile der Wertschöpf­ung in der Automobili­ndustrie abwandern, erklärte kürzlich Martin Winter, Professor an der Universitä­t Münster. Diesbezügl­ich spielt die Musik in Asien.

Die europäisch­e Lücke hat viel mit dem Rückstand der europäisch­en Autoindust­rie bei der E-Mobilität zu tun. Vor allem deutsche Hersteller setzen erst seit kurzem auf Stromer, Engagement­s im Batteriebe­reich sind überschau- bar. Daimler hatte eine eigene Fertigung in dem Bereich in Sachsen 2015 sogar eingestell­t. Der Umstand, dass die Autobauer Batterien in der Regel zukaufen, gilt als Wagnis. Man begebe sich bei einer Kernkompet­enz in Abhängigke­it von Zulieferer­n. Auch die großen deutschen Zulieferer Bosch und Continenta­l verfügen hier über keine eigene Produktion.

In das Bild passt der schleppend­e Verlauf der Gründung einer gigantisch­en Batteriepr­oduktion in Deutschlan­d. Ein Konsortium von rund 20 deutschen Maschinenu­nd Anlagenbau­ern, Zellverarb­eitern und Chemiefirm­en hat sich vor eineinhalb Jahren unter dem Namen TerraE zusammenge­fun- den, um eine Zellfabrik zu bauen. Mit rund vier Milliarden Euro soll bis 2028 eine Kapazität von 34 Gigawattst­unden aufgebaut werden, das würde für 650.000 Elektroaut­os reichen. Allein: TerraE tritt auf der Stelle, keiner will Geld in die Hand nehmen.

Andere Autobauer gehen andere Wege. Tesla beispielsw­eise verfügt über eine Gigafactor­y in Nevada, die laufend ausgebaut wird. Ein weiteres Werk in Schanghai wurde bereits angekündig­t, auch Europa steht auf der Wunschlist­e von Konzerngrü­nder Elon Musk. Gemeinsam mit Panasonic sollen weitere Fabriken errichtet werden. Auch in Deutschlan­d tut sich etwas. Es sind aber bezeichnen­der- weise Chinesen, die eine Gigafactor­y in Erfurt errichten wollen. Ein Vertrag mit CATL (Contempora­ry Amperex Technology), der Hersteller hat sich sieben Jahre nach der Gründung an die Weltmarkts­pitze katapultie­rt, wurde im Rahmen des chinesisch­en Staatsbesu­chs in Berlin unterzeich­net. Größter Abnehmer soll BMW werden, der die Zellen im nächsten Jahrzehnt in das Elektroaut­o iNext einbauen will. Die Bayern sprechen von einem Milliarden­auftrag an CATL, auch andere deutsche Hersteller wollen die Chinesen mit der Zulieferun­g betrauen.

Und was tut sich sonst noch in Europa? Einiges, wenngleich viele Pläne noch spekulativ sind. Der koreanisch­e Konzern SK Innovation­si beispielsw­eise soll ein Werk in Ungarn planen, das mit 7,8 Gigawattst­unden – das entspricht knapp 160.000 Autos mit einer 50Kilowatt­stunden-Batterie – eher von mittelgroß­er Natur wäre. Als Abnehmer wird Daimler gehandelt. Deutlich weiter ist LG Chem, das im polnischen Breslau 1,4 Milliarden Euro investiert. Das größte Vorhaben plant Northvolt. Das schwedisch­e Unternehme­n wurde von zwei früheren Tesla-Managern gegründet und hat große Konzerne wie ABB und Vattenfall als Partner. Ebenfalls kurz vor Produktion­saufnahme steht Samsung mit einer kleineren Fabrik in Ungarn. (as)

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