Verrohung macht Sorgen
Die Krise in der europäischen Migrationspolitik beherrschte in den vergangenen Wochen die Schlagzeilen. Die rechten Parteien in der Europäischen Union frohlocken, die Abschottungspolitik, die sie seit Jahren fordern, ist mittlerweile politischer Mainstrea
„ DOMINOEFFEKT DROHT“
„Im Übrigen bin ich nicht dafür, dieses Thema größer zu machen, als es ist“: Leise Kritik am Dauerbrennerstatus des Migrationsthemas in der österreichischen Innenpolitik äußerte vergangene Woche Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Was die Zuwanderung in die Europäische Union betrifft, sei die Situation derzeit unter Kontrolle. Van der Bellen warnt davor, „den Schengenraum grundsätzlich infrage zu stellen“und einseitige Maßnahmen an der Grenze zu setzen. „Wenn einer damit anfängt, dann müssen wir sehr aufpassen, dass das keine Eigendynamik bekommt“, meinte das Staatsoberhaupt. Das Risiko eines „unkontrollierbaren Dominoeffekts“sei hoch. (sterk)
„ ACHSE DER WILLIGEN“
Vom deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier bekam Sebastian Kurz einen Rüffel wegen seiner Aussage zur „Achse der Willigen“. Dies sei keine „geeignete Sprache“, meinte das deutsche Staatsoberhaupt. Da der Weg zu einer gemeinsamen Migrationspolitik mühsam genug sei, sollte man „keine Sprache pflegen, die noch spalterisch wirken kann“.
Kurz hatte bei seinem letzten Besuch in Berlin in einem Gespräch mit dem deutschen Innenminister Horst Seehofer (CSU) von einer neuen „Achse der Willigen“zwischen Rom, Wien und Berlin gesprochen und dies auch getwittert. Viele fühlten sich an den Pakt zwischen Hitler und Mussolini 1936 erinnert. (bau)
„ GROSSSPURIG“
Eine Äußerung von JeanClaude Juncker zur DublinReform beim Besuch am Freitag in Wien sorgte für Irritationen: „Die Kommission hat ihre Arbeit gemacht – wäre ich Ratsvorsitzender, würde ich nicht so großspurig hier auftreten, weil ich weiß, wie schwierig die Kompromissfindung zwischen Mitgliedstaaten ist. Aber wenn man keine Kompromisse findet, sollte man eigentlich den Kommissionsvorschlägen zustimmen.“Hier kritisiert Juncker vor allem die komplizierte Entscheidungsfindung in der EU und die lähmende Blockadehaltung mancher EU-Mitglieder bei Kompromissen. Der EU-Ratsvorsitz solle vermitteln. Juncker pochte auf Fortschritte. (mhe)
„ NUTZLOSE HEUCHELEI“
Scharf ins Gericht mit dem Ton in der Diskussion um die Flüchtlingspolitik geht auch Papst Franziskus. Er kritisierte bereits vergangene Woche die „nutzlose Heuchelei“der Menschen, die Migranten nicht helfen und sich „die Hände nicht schmutzig machen wollen“.
Er ist der oberste, aber nicht der einzige Kirchenmann, der mahnt. Auch schon Österreichs Kardinal Christoph Schönborn empörte sich über den Ton im öffentlichen Diskurs vor allem in Österreich. Der Kardinal kritisierte unter anderem „den Populismus und die Angstmache“in der Debatte in Österreich. Diese würden eine größere Rolle spielen „als nüchterne Zahlen und einfache Menschlichkeit“. (mhe)