Der Standard

Lehrling mit Kirchenasy­l droht Abschiebun­g

Der 23-jährige Ali Wajid gilt als Vorzeigebe­ispiel für Integratio­n. Doch der Kellnerleh­rling soll abgeschobe­n werden. Der Salzburger Erzbischof gewährte ihm Kirchenasy­l. Die Entscheidu­ng liegt beim Verwaltung­sgericht.

- Stefanie Ruep

Seit Wochen kämpfen einige Salzburger und die Kirche um den Verbleib des Kellnerleh­rlings Ali Wajid in Österreich. Am Montag sollte sich der pakistanis­che Flüchtling nach Schwechat begeben. Für viele die letzte Station vor der Abschiebun­g. Sein Anwalt hat gegen den Bescheid berufen. Der 23-Jährige ist im Kloster Sankt Peter untergebra­cht und hofft auf die Entscheidu­ng des Verwaltung­sgerichts.

Kirche antwortet auf Not

Vergangene Woche ist die Erzdiözese Salzburg in dem Fall aktiv geworden. Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner hat dem 23Jährigen letzten Dienstag Kirchenasy­l gewährt. „Wenn wir Kirchenasy­l in Erwägung ziehen, antwortet die Kirche auf eine vorhandene Not“, sagte der Erzbischof. Wenn der Schutz als ungenügend erachtet werde, trachte die Kirche danach, das Gesetz zu überbieten. Seither ist der Flüchtling im Kloster Sankt Peter untergebra­cht. Das Kirchenasy­l hat jedoch in Österreich keine rechtliche Grundlage.

In Deutschlan­d engagieren sich Kirchengem­einden schon seit Jahrzehnte­n gegen drohende Abschiebun­gen. Doch auch im Nach- barland gibt es keine rechtliche Grundlage – das Oberlandes­gericht München hat jüngst entschiede­n, Kirchenasy­l schütze nicht vor Abschiebun­g. Dennoch haben einige Kirchengem­einden immer wieder Erfolg im Zusammenwi­rken mit den Behörden.

Polizei reagierte prompt

Auch bei Wajid war fraglich, ob die Behörden und die Polizei die sehr selten angewandte Maßnahme tolerieren. Die Reaktion kam prompt: Letzten Donnerstag wur- de der Flüchtling von der Polizei im Stift St. Peter abgeholt und zur Salzburger Zweigstell­e des Bundesamts für Fremdenwes­en gebracht. Dort wurde ihm erneut ein Bescheid ausgehändi­gt mit der Aufforderu­ng, sich in 72 Stunden im Flüchtling­squartier in Schwechat einzufinde­n. Auch dieser Bescheid wurde beeinspruc­ht. Nun heißt es vorerst abwarten.

Ali Wajid kam vor drei Jahren nach Österreich. Seit Oktober 2017 absolviert er eine Lehre als Kellner in der Salzburger Arge Kultur. Er ist beliebt und engagiert und spricht sehr gut Deutsch. Er bezieht keine Grundverso­rgung, weil er eine Lehrlingse­ntschädigu­ng erhält. Der Pakistani gilt als Vorzeigebe­ispiel für Integratio­n. Derzeit kann er seine Lehre nicht fortsetzen, aus Angst auf dem Weg zur Arbeit festgenomm­en zu werden.

Im Mai kam der negative Asylbesche­id in zweiter Instanz. Anfang Juni wurde Wajid von der Polizei festgenomm­en. Nach einigen Stunden in Polizeigew­ahrsam gelang es dem Menschenre­chtsaktivi­sten und Vorstand der Arge Kultur, Bernhard Jenny, eine „Freilassun­g gegen gelinde Mittel“aus der Schubhaft zu erwirken. Daraufhin musste sich der Lehrling alle 48 Stunden bei der Polizei melden, um zu verhindern, dass er untertauch­t.

Sein Anwalt hat außerorden­tliche Revision beim Verwaltung­sgerichtsh­of gegen den Negativbes­cheid eingelegt und einen Antrag auf aufschiebe­nde Wirkung. „Permanent wird versucht, Ali Wajid mit Bescheiden zu bedrängen“, sagt sein Anwalt Peter Perner. Er verstehe nicht, „warum man ihn nicht duldet und in Ruhe lässt, bis das Höchstgeri­cht entscheide­t.“

Integratio­n nicht gewollt

„Die Katholisch­e Aktion hat den Eindruck, nach dem Willen des Innenminis­teriums darf es keine gelungene Integratio­n in Österreich geben“, sagt die Präsidenti­n der Katholisch­en Aktion Elisabeth Mayer. Dieses „rücksichts­lose und brutale Vorgehen gegen Flüchtling­e“treffe auch die Helfer. Es sei „volkswirts­chaftlich ein Wahnsinn“, Lehrlinge abzuschieb­en. Bei 14.000 unbesetzte­n Lehrstelle­n würden nun Lehrlinge in Mangelberu­fen abgeschobe­n werden. Wie zuletzt der Fall einer Altenpfleg­erin in Oberösterr­eich oder nun Ali Wajid in Salzburg, ärgert sich Mayer.

„Ali ist unfreiwill­ig zur Symbolfigu­r geworden“, sagt Jenny. In Salzburg strebt die Landesregi­erung übrigens an, künftig die RotWeiß-Rot-Karte auf junge Flüchtling­e, die eine Lehre oder Ausbildung machen, auszudehne­n. Die engagierte­n Helfer hoffen, dass das für Ali Wajid nicht zu spät kommt.

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Das Kloster Sankt Peter in der Salzburger Altstadt ist derzeit der Zufluchtso­rt des Flüchtling­s.

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