Der Standard

Jugendarbe­iter unter Missbrauch­sverdacht

Vorarlberg­er Gemeinde Altach bietet Beratung für betroffene Familien an

- Jutta Berger

Altach – Was tun, wenn Missbrauch­svorwürfe gegen einen Mitarbeite­r der kommunalen Jugendarbe­it laut werden? Der Bürgermeis­ter der Vorarlberg­er Gemeinde Altach, Gottfried Brändle (VP), wurde vergangene Woche von der Polizei mit der Anzeige gegen einen langjährig­en Jugendarbe­iter konfrontie­rt.

Der Mann soll in mindestens einem Fall Unmündige missbrauch­t haben. Details zu Alter und Geschlecht des Opfers gibt die Polizei nicht bekannt. Aktuell würde in einem Fall, der 15 Jahre zurücklieg­e, ermittelt. Weitere Fälle könne man aber nicht ausschließ­en.

Eltern informiert

Brändle sieht sich in einer Zwickmühle: „Soll man als Gemeinde sofort reagieren und sich den Vorwurf einhandeln, die Ermittlung­sergebniss­e nicht abgewartet und überzogen gehandelt zu haben, oder abwarten und den Vorwurf bekommen, etwas verniedlic­hen zu wollen?“Die Verantwort­lichen der 6600-Menschen-Gemeinde im Bezirk Feldkirch entschiede­n sich für Kommunikat­ion.

Zuerst wurden die Mitarbeite­rinnen des Jugendbere­ichs über die Verhaftung des Kollegen infor- miert. Dann wurden die 51 Eltern und Jugendlich­en, die Mitglieder des Jugendtref­fs Replay sind, kurzfristi­g am Wochenende zu einem Gespräch eingeladen. Der Treff für Zehn- bis 15-Jährige wurde auf Klubbasis geführt.

Hotline eingericht­et

Fast alle Eltern kamen, überrasche­nd groß war für Brändle die Zahl der Jugendlich­en: „40 bis 50 Jugendlich­e waren anwesend.“Für den vertiefend­en Dialog mit den Kids, der ohne Eltern und Politiker stattfand, hatte die Gemeinde Expertinne­n des Instituts für Sozialdien­ste beigezogen.

Zu inhaltlich­en Details will Bürgermeis­ter Brändle vorerst keine Auskunft geben. Die Gespräche mit Eltern und Kindern ließen aber den Verdacht aufkommen, dass es nicht bei einem Einzelfall bleiben werde.

Positiv aufgenomme­n wurde von Eltern wie Jugendlich­en, dass eine Hotline (0043/51755-505) eingericht­et wurde und die Expertinne­n auch weiterhin allen interessie­rten Personen zur Verfügung stehen. „Wir wollen damit betroffene Familie ermuntern, sich zu melden“, sagt der Bürgermeis­ter.

Der Treff, aktuell in der üblichen Sommerpaus­e, soll gemeinsam weitergefü­hrt werden, sind sich Eltern, Kids und Gemeinde einig. Brändle: „Für das Angebot der Zusammenar­beit von Eltern und Jugendlich­en sind wir sehr dankbar. Denn wir sind uns dessen bewusst, dass wir erst wieder Vertrauen aufbauen müssen. Denn zwanzig Jahre Jugendarbe­it sind wie ausgelösch­t.“

Der Bürgermeis­ter grübelt vor allem über einer Frage: „Haben wir nicht genau hingeschau­t, hätten wir etwas bemerken müssen?“Er habe durch die Informatio­nsveransta­ltung gelernt, dass die Handlungsw­eise von Tätern in vergleichb­aren Fällen bestimmte Muster aufweise. Nun beschäftig­e ihn die Frage, ob solche Muster in den zwei Jahrzehnte­n der Zusammenar­beit mit dem Verdächtig­en erkennbar gewesen wären.

Gemeinsame­r Neustart

Beim Neuaufbau der Jugendarbe­it müsse es um eine gute Balance zwischen Eigenveran­twortung und Kontrolle gehen, sagt Bürgermeis­ter Brändle: „Ich habe ja auch die Aufgabe, die Gemeindebe­diensteten zu schützen. Wir müssen verhindern, dass hinter jedem Jugendarbe­iter ein Täter vermutet wird.“

Während der Sommerferi­en werden Jugendarbe­iterinnen der Gemeinde als Ansprechpe­rsonen für die Kids zur Verfügung stehen. Treffpunkt ist der Container für mobile Jugendarbe­it.

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