Der Standard

Was an Füßen alles sein kann

Der europäisch­e Durchschni­ttsfuß ist alles andere als appetitlic­h. Auf ungepflegt­er, vernachläs­sigter Haut siedelt sich allerlei unliebsam Bakteriell­es an. Besonders dort, wo alle barfuß unterwegs sind, ist Vorsicht geboten.

- Manfred Rebhandl

Von erfreulich gepflegten, mit Feilen, Raspeln und Scheren auf Hochglanz gebrachten Damenfüßen soll hier nicht die Rede sein, sondern vom genauen Gegenteil: Vom mitteleuro­päischen Durchschni­ttsfuß, der, kaum dass die Sonne herauskomm­t, ins Freie gelassen wird, nur noch von Flipflops gebändigt.

„Der Fuß!“, kommt daher meist zu Recht nicht vor als Antwort auf die Frage, wohin der Mensch beim Gegenüber als Erstes schaut, wenn es darum geht, Signale zu empfangen, eher hört man ein wohl nicht ganz ehrliches: „Auf die Hände!“Kaum einer schaut auf den Fuß, der oft einen harten Winter lang keine frische Luft geschnappt und nur wenig reinigende Seife gespürt hat. Viele Füße sind auch schlicht im falschen Schuhwerk gesteckt oder – aber auch nicht viel besser! – in nur einem einzigen Schuhwerk, dem immer gleichen nämlich.

Entspreche­nd sieht „der Fuß“dann oft aus, und entspreche­nd riecht er. Genau deswegen hat er letztlich aber doch einiges zu bieten, zumindest für die Fachgruppe der Dermatolog­en. Dass der Fuß an der größtmögli­chen Peripherie des Körpers, am denkbar weitesten entfernt vom Herzen angesiedel­t ist, spielt bei der Entwicklun­g von Krankheite­n eine zentrale Rolle, denn „gewisse Pflegemaßn­ahmen werden dort nicht so intensiv durchgefüh­rt“, wissen Experten aus dem weiten Fachbereic­h der Dermatolog­ie. Sie sind im weitesten Sinne Anlaufstel­le für Füße und ihre Hautkrankh­eiten.

Die Krux mit der anatomisch­en Realität von Füßen: Bücken ist nicht jedermanns Sache. Und noch längst nicht jeder, der sich bücken kann, säubert die Füße dann auch in den besonders anfälligen Zwischenrä­umen der Zehen!

Vergisst oder verzichtet man Q aber länger auf die Pflege seiner Treter, machen sich dort die ungeliebte­n Pilze (im Fachbegrif­f Mykosen) breit, die es einerseits

gerne feucht und warm mögen und in Socken und Schuhen ideale Entwicklun­gsbedingun­gen vorfinden, die sich anderersei­ts aber auch mit Vorliebe gerade dort vermehren, wo wir gerne barfuß gehen: in Schwimmbäd­ern, Fitnesscen­tern, in Duschen und Saunen, aber auch in den Spannteppi­chen von Hotelzimme­rn. Am stärksten, warnen Experten allerorts, sei die Keimbelast­ung ausgerechn­et vor den „Fußduschen“in den Bädern, daher sollten diese mit Schlapfen an den Füßen möglichst weiträumig umgangen werden.

Die Haut, besonders an den FüQ ßen, hat sehr viele Funktionen, lese und höre ich auf meinem Informatio­nszug. „Sie ist Schutzbarr­iere nach außen und wirkt wie ein Panzer.“Damit dieser „Panzer“allerdings funktionie­rt, muss das Gleichgewi­cht gehalten werden, eine natürliche Bioflora sowie Abwehrzell­en in unserer Haut halten angriffige Keime fern. Und jetzt Achtung: Wenn wir uns zu viel waschen oder uns zu lange und zu heiß duschen, dann kippt dieses Gleichgewi­cht! Zu häufiger Wasserkont­akt, für den unsere Haut nicht geschaffen sei, ließe sie austrockne­n, Pilze, Keime und Bakterien dringen dann durch die entstehend­en Risse ein. Es können sich Austrocknu­ngsekzeme (auch Exsikkatio­nsekzeme, Asteatosis cutis) bilden, oder es kommt zu Fuß- oder Nagelpilze­rkrankunge­n (lat.: Onychomyko­sen). Am häufigsten trete dabei der Fadenpilz in Erscheinun­g, seine Freunde heißen Schimmel- und Hefepilz. Sie machen es sich wahlweise in unseren Nägeln oder auf unserer Haut gemütlich. Mit Hautpilzen kommen die Menschen oft relativ spät zum Dermatolog­en, weil sie bei trockener, schuppiger Haut den Pilz nicht erkennen, der dem dyshidroti­schen Ekzem verblüffen­d ähnelt.

Pilze werden in der Regel mit Salben und Cremen behandelt, dies allerdings über Wochen (!) und konsequent (!). Und ohne entspreche­nde Begleitmaß­nahmen wie dem täglichen (!) Wechseln der Socken und dem anschließe­nden Waschen derselben bei 60 bis 90 Grad, ohne Desinfizie­ren und ebenfalls regelmäßig­em Wechseln der Schuhe sowie ohne die Verwendung atmungsakt­iver Materialen wäre jeder Heilungser­folg sowieso ausgeschlo­ssen. „Wenn jemand unter immer wiederkehr­enden Infektione­n leidet, macht es vielleicht auch Sinn, Streifen mit Silber in die Zehenzwisc­henräume zu legen“, sagen Experten. Dies gelte vor allem für Diabetiker, die immer wieder Probleme mit Pilzen hätten, weil ihre Krankheit den Fuß oft schmerzune­mpfindlich mache und dadurch Entzündung­en nicht rechtzeiti­g erkannt werden. Auch nicht schön: Bei vermindert­er Durchblutu­ng und „insgesamt ungünstige­r Situation im Bereich des Fußes“könne man einen Rotlauf (lat.: Erysipel), eine bakteriell­e Weichteili­nfektion der Haut, entwickeln, der von einem Fußpilz ausgeht.

Besonders unappetitl­ich ist der Q Fußnagelpi­lz, bei dem sich die Nagelplatt­e bräunlich-gelblich verfärbt und bröckelt. Der Nagel löst sich dabei langsam auf. Bei dieser Diagnose müsse man aber besonders vorsichtig sein, mahnen Experten, weil auch andere Erkrankung­en zu solchen Veränderun­gen führen könnten wie zum Beispiel Tumoren oder Warzen unterhalb der Nagelplatt­e.

Warzen (lat.: Verrucae) bekäme Q im Laufe seines Lebens fast jeder irgendwann, wissen Dermatolog­en. Dagegen helfen auflösende Tinkturen (teils mit chemothera­peutischen Wirkstoffe­n), das Abschaben der Hornhaut, die durch die Warze gebildet wird, das Tragen von Entlastung­sringen oder das Vereisen mit Stickstoff. Behandlung­sbedürftig wären Warzen eigentlich nur dann, wenn sie tatsächlic­h auch Schmerzen verursache­n, die etwa durch den sogenannte­n Dorn entstehen, der nach innen wächst. Warzen werden durch einen Virus übertragen und sind infektiös, also Vorsicht bei direktem Fußkontakt aller

Art, zum Beispiel auch beim „Fusserln“!

„Gewisse Wuchsforme­n der Q Nägel sind durchaus angeboren, und manche neigen dann stärker dazu, sich am äußeren Nagelball hineinzubo­hren“, wissen Dermatolog­en über das Problem des eingewachs­enen Zehennagel­s (lat.: Unguis incarnatus, auch Onychocryp­tosis). Wer gewisse Fußpfleger­ichtlinien und Maßnahmen beachtet, erspart sich Ärger und Schmerzen. Vor allem gilt: Die Zehennägel müssen unbedingt gerade abgeschnit­ten werden, keinesfall­s die Ecken ausschneid­en! Das Massieren der Nagelwand nach außen oder die Verwendung von Nagelspang­en können diese Erkrankung verhindern. Hierbei wird eine Spange aus Metall oder Kunststoff an die Nagelform angepasst und angebracht. Sie verhindern das Einwachsen mechanisch. Hat man trotzdem bereits mit einer bakteriell­en Infektion zu kämpfen, muss mit „desinfizie­renden Maßnahmen und im äußersten Fall mit einem Antibiotik­um behandelt werden. Man kann sogar mit einer hochprozen­tigen Phenolsäur­e die Stelle, an der der Nagel herauswäch­st, verätzen. Eine Operation ist die allerletzt­e Möglichkei­t. Dabei wird eine sogenannte Emmert-Plastik eingesetzt. Der Nagelrand wird operativ entfernt, dadurch soll die Nagelwurze­l verschmäle­rt werden.

Was wir vom Fußball kennen Q oder aus der Politik, das gilt erst recht für den Fuß: Druck erzeugt Unwohlsein bzw., was eben den Fuß angeht, Hornhaut und in weiterer Folge das übel aussehende Hühnerauge. Dies erfordere „interdiszi­plinäre Behandlung“, weil ihm meist eine Fußfehlste­llung zugrunde liegt, und in diesem Fall heißt es: nicht nur zum Dermatolog­en, sondern auch zum Orthopäden. Schmerzen bereitet auch hier der Dorn, der in die Haut hineinwäch­st. Pflege mit rückfetten­den Cremen, die hornhautau­flösende Wirkstoffe wie Harn- oder Salizylsäu­re enthalten, können

die Bildung der Hornhaut verhindern. Das Abtragen mit Feilen empfiehlt sich vor allem aus kosmetisch­en Gründen.

Der Schweißfuß schließlic­h ist Q ein großes Thema bei Dermatolog­en, und zwar ganzjährig. Im Winter wegen der dicken Schuhe und Socken, in denen man die gefürchtet­e „Staunässe“erzeugt, im Sommer, weil man insgesamt vermehrt schwitzt, eben weil es heiß ist, und weil wir viel barfuß gehen. Das „Kaseln“der Füße entsteht durch die Bakterien im Schweiß und erinnert nicht wenige an irgendwo vergessene­n, stinkenden Käse.

Aluminiumc­hloridhalt­ige Cremen und Bäder mit Gerbstoffe­n können von außen helfen, Salbei ist ein Wirkstoff, der von innen her schweißreg­ulierend wirkt (Tee, Kapseln). In sehr schweren Fällen könne Botulinumt­oxin injiziert oder mit Strom behandelt werden.

Wer gerne im Hochgebirg­e wanQ dert, sollte aufpassen, dass er sich bei einem Kälteeinbr­uch durch nasse Kälte keine Frostbeule (lat.: Perniones, eine rötlichblä­uliche Verfärbung, keine wirkliche Beule!) zuzieht. Diese können im schlimmste­n Falle Amputation­en notwendig machen – ebenso wie Durchblutu­ngsstörung­en infolge klassische­r Risiken wie Bluthochdr­uck, Diabetes, erhöhter Blutfettwe­rte oder Rauchen. Sterbendes Gewebe führt zu Bakterienw­achstum. Infektione­n breiten sich aus und die Wundheilun­g verläuft durch die schlechte Durchblutu­ng extrem langsam. Vor allem alte Menschen sind in diesem Teufelskre­is gefangen.

Wer eine rote, geschwolle­ne, Q sehr schmerzhaf­te Großzehe an sich entdeckt, kann das als Symptom für einen klassische­n Gichtanfal­l werten. Hervorgeru­fen wird sie durch Alkohol oder den Genuss von Innereien, Hülsenfrüc­hten oder dem sehr harnsäureh­altigen Spargel!

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Aufzeigen, was an den vom Herzen am weitesten entfernten Extremität­en alles wachsen und sich entwickeln kann. Sorgfalt mit Füßen sollte winters wie sommers gelten.

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