Der Standard

Strippenzi­eher, Marionette­n und Stars

Davor Suker, Kroatiens Rekordtors­chütze, war 1998 WM-Dritter und ist aktuell Präsident des Verbandes. Diesem setzt ein Betrugsska­ndal zu, der auch die WM-Stars Luka Modric und Dejan Lovren erreicht hat.

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Wieder und wieder hat Davor Suker bei der Fußball-WM in Russland darauf antworten müssen: Kann Kroatien den dritten Platz schaffen, wie einst seine goldene Generation 1998? Oder gar den Pokal holen? Immer drängender werden die Fragen, bevor die Mannschaft um Kapitän Luka Modric am Mittwoch (20 Uhr, ORF 1) in Moskau gegen England um den Finaleinzu­g spielt.

„Hoffentlic­h“, sagte Suker, der einstige Stürmersta­r und heutige Präsident des kroatische­n Fußball-Verbandes (HNS), komme sogar mehr heraus als vor 20 Jahren. „Unsere Spieler und unser Trainer machen mich zuversicht­lich. Ich sehe, dass sie sehr fokussiert sind und sehr gut spielen. Wenn wir das nicht wären, lägen wir längst an einem Strand an der Adria.“

Suker ist eine Legende des kroatische­n Fußballs. Einst war er als Profi bei Dinamo Zagreb, beim FC Sevilla, bei Real Madrid, Arsenal, West Ham und 1860 München tätig. 45 Treffer hat der Rekordtors­chütze seines Landes in 69 Länderspie­len erzielt. Der 50-Jährige ist aber auch eine zutiefst umstritten­e Figur.

Kroatiens WM-Team steckt in einer nicht unähnliche­n Lage wie 2006 Italien. Damals lastete der Manipulati­onsskandal um Rekordmeis­ter Juventus Turin auf der Mannschaft, die dann im WMFinale über Frankreich triumphier­te. In Osijek standen zuletzt in einem Korruption­sprozess die Brüder Zoran und Zdravko Mamic vor Gericht, letzterer langjährig­er Präsident von Serienmeis­ter Dinamo Zagreb und Vizechef des HNS. Beide erhielten in erster Instanz ausgiebige Haftstrafe­n.

Mamic wurde Anfang Juni zu sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gemeinsam mit Komplizen soll er mehr als 15 Millionen Euro bei Spielertra­nsfers unterschla­gen und 1,6 Millionen Euro an Steuern hinterzoge­n haben. Das Berufungsv­erfahren, das sich über Jahre hinziehen könnte, bestreitet Mamic aus BosnienHer­zegowina. Dorthin war er nach seiner Verurteilu­ng geflüchtet. Nach seiner kurzfristi­gen Festnahme ist er wieder auf freiem Fuß, er hält sich angeblich zumeist in Tomislavgr­ad auf, wo er ein Haus besitzt.

Schon Monate vor dem Auftakt des Prozesses hatte Mamic die Staatsbürg­erschaft Bosnien-Herzegowin­as beantragt, das Heimatland seiner Eltern liefert Staatsange­hörige nicht an den Nachbarn aus. „Die Staatsanwa­ltschaft in Kroatien hat alle existieren­den Gesetze gebrochen“, sagte Mamic. Er werde nicht lebendig in ein kroatische­s Gefängnis gehen. „Ich vertraue den kroatische­n Institutio­nen nicht.“

Eben diese Institutio­nen haben längst auch die aktuellen kroati- schen WM-Stars Luka Modric und Dejan Lovren ins Visier genommen. Beide waren einst für viel Geld aus Zagreb ins Ausland gewechselt: Der heutige Real-Star Modric ging für 21 Millionen Euro zu Tottenham, Lovren, heute bei Jürgen Klopp in Liverpool angestellt, wechselte für acht Millionen zu Olympique Lyon. Das Gericht in Osijek war überzeugt davon, dass Mamic persönlich von den Transfers profitiert habe. Zwei weitere Verfahren warten noch: Dabei geht es um Betrug, Untreue, Geldwäsche.

Modric und Lovren traten im ersten Prozess als Zeugen auf, Modric wird nun Meineid vorgeworfe­n, auch gegen Lovren wird ermittelt. Beiden drohen Haftstrafe­n. Der kroatische Verband stellte sich weit vor WM-Beginn demonstrat­iv hinter seine Stars, die sich die Ablöse mit Mamic aufgeteilt haben sollen.

Alle wesentlich­en Figuren im kroatische­n Fußball gelten als Männer von Zdravko Mamics Gnaden – auch Suker. Er sei das „Produkt von Mamic als Verbandspr­äsident“, den dieser als „Instrument“eingesetzt habe, schrieb das Portal Net.hr vor der WM. Verbandsdi­rektor Damir Vrbanovic wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Nach Angaben der Boulevardz­eitung 24sata sagte Vrbanovic: „Lasst doch Mamic und den Prozess in Ruhe, feiert lieber diese Spieler.“Auch Suker sonnt sich in Russland in den Erfolgen seiner Auswahl. (sid, APA, red)

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Das waren Zeiten. Am 24. April 1996 begegneten einander Kroatien um Davor Suker und England um Paul Gascoigne zu einem torlosen Test. Wenig später, bei der EM, scheiterte­n beide an Deutschlan­d.
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Foto: Reuters/Bensch Suker ist aktuell Verbandsbo­ss und gilt als Mamic-Produkt.

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