Der Standard

Eltern weltweit pushen ihre Kids zur Uni

Vorarlberg­er Organisati­onsentwick­ler Michael Büchele: Image des Handwerks überall auf dem Boden

- Jutta Berger

Wolfurt – Betrieblic­he Aus- und Weiterbild­ung sind das Lebensthem­a des Organisati­onsentwick­lers Michael Büchele. Der 62-jährige Wolfurter ist seit 2000 internatio­nal unterwegs, hat in Uganda, Äthiopien, Vietnam und Palästina Organisati­onen wie junge Menschen beraten.

Als Maschinenb­auingenieu­r bei führenden Vorarlberg­er Industrieu­nternehmen wie Blum und Doppelmayr erhielt Büchele selbst eine fundierte Ausbildung, führte dann junge Menschen durch die Lehrzeit. Sein Wissen trägt er seit 18 Jahren nach Afrika, Asien und zuletzt in den Nahen Osten, nach Palästina.

Büchele berät als selbststän­diger Coach Unternehme­r und Entwicklun­gshilfeorg­anisatione­n bei der Entwicklun­g innerbetri­eblicher Aus- und Weiterbild­ung. Er versucht dabei das Modell der dualen Ausbildung, das man nur in den deutschspr­achigen Ländern kennt, zu vermitteln. Büchele nennt die drei größten Hürden für eine Implementi­erung des hierzuland­e erfolgreic­hen Systems: fehlende gesetzlich­e Rahmenbedi­ngungen, Mangel an Firmen, die erkennen, dass Ausbildung nicht nur ein Kostenfakt­or ist, sondern „return of investment“bedeutet, Mangel an Menschen, die fachlich und pädagogisc­h fähig sind, Wissen weiterzuge­ben.

Was zudem fehle, sei die nationale Durchgängi­gkeit des Systems. Büchele präzisiert: „Im deutschspr­achigen Raum kennen wir Verbände und Innungen für jeden Beruf. Die Anerkennun­g eines Lehrabschl­usses ist garantiert, egal in welchem Bundesland man die Lehre macht. Ein Prü- fungszeugn­is aus Vorarlberg gilt auch in Wien.“

Weltweit verbreitet sei hingegen das Phänomen, dass handwerkli­che Ausbildung im Vergleich zur universitä­ren weniger Wertschätz­ung erfahre. Büchele: „Auch in ärmeren Ländern pushen Eltern ihre Kinder in eine akademisch­e Karriere. Das Image des Handwerks ist am Boden.“

In Hinblick auf den Umbau der Industrieg­esellschaf­t durch Digitalisi­erung eine Fehlentwic­klung, meint Büchele. Schließlic­h gehen es in Zukunft noch stärker um interdiszi­plinäres Zusammenar­beiten. Er nennt ein Beispiel: „In der Produktion wird immer mehr Softwarewi­ssen benötigt, umgekehrt müssen Informatik­er mehr über Produktion­sabläufe wissen.“Künftig müsse es in den Betrie- ben mehr Überschnei­dungen geben. Michael Büchele: „Auch wenn Roboter Arbeiten übernehmen werden, wird es immer Menschen brauchen, die diese Maschinen reparieren können.“

Büchele arbeitet in seiner Beratertät­igkeit auch direkt mit den Auszubilde­nden. Sein jüngster Erfolg war, drei Jugendlich­e in Ramallah/Westjordan­land für die Weltberufs­meistersch­aften fitzumache­n. Gemeinsam mit zwei Meistern aus Vorarlberg wurde ein junger Maler gecoacht, der dann beim Wettbewerb den neunten Platz erreichte. Ein weiteres Highlight aus seiner Tätigkeit ist für Büchele die Karriere eines jungen Mannes aus Äthiopien, der es vom Bodenmecha­niker bei der heimischen Fluglinie zum Wartungste­chniker in Kanada brachte. Bücheles Tipp für Ausbildner: „Wenn man jemand weiterbrin­gen und fördern will, muss man ihn mögen, Freund werden.“

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Foto: privat Coach Michael Büchele wirbt internatio­nal für die Lehre.

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