NIEDERÖSTERREICH
In den meisten Gegenden Niederösterreichs ist das Auto kein Luxusgut. Ohne Pkw geht es in vielen Regionen schlicht nicht, wenn in ohnehin zerstreuten Dörfern auch noch der letzte Supermarkt zusperrt. Die Bezirke mit der höchsten Autodichte – Waidhofen an der Thaya, Zwettl, Horn – zählen gleichzeitig zu jenen mit den geringsten Einkommen.
Das mag dazu beitragen, dass die grüne Verkehrspolitik in Wien – Begegnungszonen und Fahrradhighways – in Niederösterreich im besten Fall belächelt wird. Richtig heikel wird es aber, wenn die Wiener den Autopendlern das Leben schwermachen. Käme nun auch die Citymaut, würde mit der U-Bahn-Abgabe des Arbeitgebers und dem Parkpickerl „jeder Arbeitnehmer, der nach Wien hineinfährt, dreimal zur Kasse gebeten“, sagt Niederösterreichs Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP).
Es geht also um das Geld der Landsleute – aber auch um das des Landes. 78 Millionen Euro erhält Wien für den Ausbau seiner U-Bahn jedes Jahr aus Bundesmitteln. Wirklich einsehen möchte man das in St. Pölten nicht. Schleritzko stellt zumindest infrage, ob das Geld nicht auch gut in „anderen Problemzonen Österreichs“gut investiert wäre – etwa im Umland großer Städte. Das betrifft im Fall der größten Stadt praktischerweise ausschließlich Niederösterreich.
Den Ausbau von Pendlerparkplätzen bei seinen Bahnhöfen zahle Niederösterreich derzeit zum Beispiel ganz allein, sagt Schleritzko. Und das obwohl die Bundeshauptstadt ja davon profitiere, wenn die Leute ihr Auto noch vor den Toren der Stadt stehenlassen.
Überhaupt brauche Wien gar nicht mit dem verkehrspolitischen Finger auf St. Pölten zeigen. Denn Wien sei voll, erklärt man in Niederösterreich immer wieder. Es bringe überhaupt nichts, mehr Pendler mit den Öffis in die Stadt zu schicken, weil es sich auf den Schienen der Stadt bereits staue. Was nütze es also, mit einem 365Euro-Ticket zusätzliche Niederösterreicher ins Wiener Öffi-Netz zu spülen, das diese nicht fasst? Längere Bahnsteige und, langfristig, eine weitere SBahn-Strecke sollen das Problem lösen. Zahlen sollen der Bund und Wien.
Keine einfachen Lösungen
Das Image als Öffi-Wüste wollen die Niederösterreicher jedenfalls loswerden. In den letzten sieben Jahren habe man das Budget für den öffentlichen Verkehr verdoppelt, 84 Millionen Euro investiere man nun jährlich allein in Zugverbindungen für die Landsleute. Für die Grünen im Land ist das zu wenig, um jahrelange Versäumnisse in der Verkehrspolitik aufzuholen.
Ärger gibt es in St. Pölten dann über die „verkürzte öffentliche Diskussion“, wie es Schleritzko nennt: Citymaut ja oder nein. 365-Euro-Ticket ja oder nein. Denn in einem Land wie Niederösterreich, sagt der Landesrat, gebe es eben keine einfachen Lösungen im öffentlichen Verkehr.