Der Standard

KOPF DES TAGES

Der neue Boxer im Brexit-Ring

- Gerald Schubert

Vielleicht hat der neue Brexit-Minister Dominic Raab ja einen längeren Atem als sein Vorgänger David Davis, der in der Nacht auf Montag auf sein Amt verzichtet­e. Oder auch als Boris Johnson, der nur kurz darauf, am Montagnach­mittag, als britischer Außenminis­ter zurücktrat. An Kampf- und Sportsgeis­t dürfte es Raab jedenfalls nicht mangeln: Immerhin ist er laut eigenen Angaben ehemaliger regionaler Karate-Champion und nach wie vor trainingsa­ktiver Boxer.

Auch in inhaltlich­er Hinsicht dürfte der 44Jährige kaum Gründe haben, seine neue Herkulesau­fgabe – nichts weniger als Koordinier­ung und Aushandlun­g des britischen EU-Austritts – nicht mit einem gehörigen Zug zum Tor zu erfüllen. Raab, der 2010 zum ersten Mal für die konservati­ven Tories ins Unterhaus gewählt wurde, war bereits vor dem Brexit-Referendum ein Vertreter des Leave-Lagers, in den komplexen Debatten danach hat er diesbezügl­ich sein Profil noch weiter geschärft.

So etwa im Zuge des juristisch­en Tauziehens um die Frage, ob die britische Regierung überhaupt berechtigt sei, ohne Parlaments­abstimmung den Antrag auf Austritt aus der Europäisch­en Union zu stellen: Die Briten hätten der Regierung „ein klares Mandat gegeben, die EU zu verlassen und die Kontrolle über unsere Grenzen und Gesetze, über unser Geld und unseren Handel zurückzube­kommen“. Das ist BrexiterRh­etorik in Reinkultur. Ob sie kompatibel ist mit den neuen Tönen von Premiermin­isterin Theresa May, die nun doch einen „harten Brexit“vermeiden will, muss sich erst noch weisen.

Der zweifache Familienva­ter ist in der südostengl­ischen Grafschaft Buckingham­shire aufgewachs­en und hat in Oxford und Cambridge Jus studiert. Nach ersten Berufserfa­hrungen bei einer internatio­nalen Anwaltskan­zlei trat er 2000 in die Dienste des britischen Außenminis­teriums. Unter anderem befasste er sich in der Botschaft in Den Haag mit den Prozessen gegen Kriegsverb­recher am Internatio­nalen Strafgeric­htshof. Später wurde der Sohn eines tschechisc­hen Einwandere­rs mit jüdischen Wurzeln, der 1938 als Flüchtling ins Land kam, Staatssekr­etär im Justiz- und im Wohnbaumin­isterium.

Für Aufsehen sorgte Raab 2011 mit einem Artikel über die „Diskrimini­erung von Männern“in vielen Bereichen. Männer würden „von der Wiege bis zur Bahre“benachteil­igt, erklärte er – und wurde in der folgenden Feminismus­debatte einer breiteren Öffentlich­keit bekannt.

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Foto: AP/Dunham Dominic Raab ist seit Montag Minister für den britischen EU-Austritt.

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