Der Standard

Wo Religion fehl am Platz ist

- Katharina Mittelstae­dt

Kleine Kinder sollen kein Kopftuch umgebunden bekommen. Wer seiner fünfjährig­en Tochter eines aufsetzt, lebt vermutlich in einer Parallelwe­lt ohne Frauenrech­te. Ob sich andere Kinder an einer Spielgefäh­rtin mit Kopftuch stören, ist fraglich. Aber für Erwachsene sind diese Mädchen markiert – durch ein religiöses Symbol, das hierzuland­e zum Kampfbegri­ff wurde. Die Freiheit und das Wohl der Kinder müssen hier über der Religionsf­reiheit der Eltern stehen. Da hat die Regierung recht.

Ein entspreche­ndes Gesetz umzusetzen ist aber schwierig. Für ein Verbot in Kindergärt­en braucht Türkis-Blau die Länder. Laut Glaubensge­meinschaft tragen selbst an islamisch-konfession­ellen Volksschul­en nur 15 Prozent der Mädchen ein Kopftuch. Die Freiheit der Religionsa­usübung ist in Österreich heilig, spätestens der Verfassung­sgerichtsh­of wird das Vorhaben wohl kippen.

Es stellt sich also die Frage, was die Regierung bezweckt. Vom Arbeitszei­tgesetz ablenken? Stimmung gegen Muslime machen? Die Köpfe kleiner Kinder gehören nicht verhüllt, da sind sich fast alle einig. Doch als einzige integratio­nspolitisc­he Maßnahme neben ein paar Sonderklas­sen für Migrantenk­inder ist das etwas dünn. Drängender – und machbar – wäre es etwa, genügend Geld für Deutschunt­erricht und Schulpsych­ologen zur Verfügung zu stellen. Danach könnten wir sachlich darüber diskutiere­n, wo im öffentlich­en Raum Religion nichts verloren hat.

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