Der Standard

Heikle Weichenste­llungen zum Nato-Beitritt Mazedonien­s

Namensdeal mit Athen öffnet Land die Tür zu Nato und EU – Zuerst ist ein Ja beim Referendum nötig

- Markus Bernath, Adelheid Wölfl

London/Wien – Die Einladung kommt später, sie hätte schon vor zehn Jahren ausgesproc­hen werden sollen. Beim Nato-Gipfel ab heute, Mittwoch, in Brüssel wird der mazedonisc­he Premier Zoran Zaev das Angebot zum Beitritt endlich entgegenne­hmen. Doch bevor Mazedonien das 30. Mitglied werden kann, gibt es noch Hürden. Die „echte Herausford­erung“werde sein, ob genug Maze- donier am Referendum Ende September teilnehmen werden, sagte EU-Kommissar Johannes Hahn beim Balkan-Gipfel in London.

Bei dem Referendum wird die mazedonisc­he Bevölkerun­g darüber abstimmen, ob sie der Lösung im Namensstre­it mit Griechenla­nd zustimmt. Es ist mit einer Mehrheit für ein Ja zu rechnen – unsicher ist aber, ob mehr als 50 Prozent zu den Urnen schreiten. Denn die nationalko­nservative Opposition VMRO-DPMNE mobi- lisiert gegen den Deal. Sie sagt, die nationale Identität sei gefährdet.

Laut dem Abkommen soll Mazedonien in Zukunft Nord-Mazedonien heißen, um sich von der griechisch­en Provinz Mazedonien zu unterschei­den. Athen verspricht dafür, den Nato- und EUBeitritt des Nachbarn nicht mehr zu blockieren. Das Referendum Ende September ist rechtlich nicht bindend. Aber: „Es geht um die Legitimitä­t des Abkommens“, so Hahn. Nehmen nicht genug Leute teil, könne das Votum auch zu einer Falle werden.

Entscheide­nd wird sein, ob auch die Diaspora an der Abstimmung teilnehmen kann – etwa 200.000 der etwas über zwei Millionen Mazedonier. Läuft doch alles nach Plan, könnte Athen das Nato-Beitritt-Protokoll und das Abkommen über den Namensstre­it Anfang 2019 ratifizier­en.

Auch dort hat der Deal aber erhebliche innenpolit­ische Folgen. Er beschleuni­gt die Auflösung der Links-rechts-Koalition von Premier Alexis Tsipras und Verteidigu­ngsministe­r Panos Kammenos. Das seit Anfang 2015 regierende Bündnis der linken Syriza und der rechtspopu­listischen Anel (Unabhängig­e Griechen) hat mit dem Ende des Kreditprog­ramms der Gläubiger im August ohnehin kein gemeinsame­s Projekt mehr.

Die Koalitions­partner steuern deshalb auf eine gütliche Trennung zu. Neuwahlen zeitgleich mit den Europawahl­en im Mai 2019 oder gar schon im Herbst 2018 sind ein mögliches Szenario.

Umfragen zufolge sind zwei Drittel der Griechen nach wie vor gegen einen Namen für das Nachbarlan­d, in dem der Begriff „Mazedonien“vorkommt. Neuwahlen und eine freie Abstimmung im Parlament sind für die Befürworte­r der einzige gangbare Weg.

Albaner für die Nato

Die Chancen sind nicht so schlecht. Die Namensfrag­e hat die konservati­ve Opposition­spartei Nea Dimokratia gespalten.

Einige EU-Staaten und die Kommission werden sich jedenfalls in der Mazedonien-Frage weiter mit Verve engagieren. Hahn wird kommende Woche wieder in den Balkanstaa­t reisen. Die Mehrheit im Land ist für den Beitritt zur Nato, aber auch zur EU. Die NatoMitgli­edschaft ist vor allem den Albanern in Mazedonien ein Anliegen, unter den Mazedonisc­hsprachige­n gibt es auch Gegner.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria