Der Standard

Kassenkamp­agnen kosten sieben Millionen Euro

Wie viel bei den einzelnen Krankenkas­sen in die Öffentlich­keitsarbei­t gesteckt wird, variiert stark. Die mit Abstand höchsten Kosten hat die Sozialvers­icherungsa­nstalt der gewerblich­en Wirtschaft.

- Günther Oswald

Die Regierungs­parteien trauen den Krankenkas­sen nicht über den Weg. Damit diese vor der für die kommenden Monate angekündig­ten Zusammenle­gung von Sozialvers­icherungst­rägern nicht noch unangekünd­igte Kosten verursache­n, wurde bei der letzten Parlaments­sitzung vor dem Sommer, wie berichtet, eine gesetzlich­e „Ausgabenbr­emse“beschlosse­n.

Da mehrere Verfassung­srechtler darin einen unzulässig­en Eingriff in die Selbstverw­altung sehen, prüft die SPÖ nun eine Verfassung­sklage, wie SP-Klubchef Andreas Schieder im Kurier ankündigte. Auch im Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger gibt es nach STANDARD- Informatio­nen entspreche­nde Überlegung­en. Dort wartet man allerdings vorerst ab. Einfacher hätte es nämlich die SPÖ, die dank ihrer Stärke im Bundesrat jederzeit eine VfGHKlage einbringen kann (dafür reicht ein Drittel der Mandatare).

Durch die angekündig­te Kassenrefo­rm (aus 21 sollen maximal fünf Träger werden) erhofft sich die Regierung jedenfalls Einsparung­en. Auch die Neos haben immer wieder Kritik an den aus ihrer Sicht aufgebläht­en Strukturen geübt. Sozialspre­cher Gerald Loacker moniert etwa, dass die tatsächlic­hen Verwaltung­skosten höher als die von der Sozialvers­icherung ausgeschil­derten seien, weil bestimmte Posten wie IT-Kosten, Verbandsbe­iträge oder Ausgaben für Öffentlich­keitsarbei­t herausgere­chnet würden.

Wie viel tatsächlic­h für Öffentlich­keitsarbei­t und Repräsenta­tion aufgewende­t wird, hat Loacker jetzt im Rahmen einer parlamenta­rischen Anfrage bei Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) abgefragt.

Auffallend sind die großen Unterschie­de – sowohl hinsichtli­ch der absoluten Höhe als auch hinsichtli­ch der Entwicklun­g seit 2011 (weiter zurück liegen keine Daten vor). Die Kärntner Gebietskra­nkenkasse gab beispielsw­eise im Jahr 2017 nur 49.163 Euro aus, bei der weniger Versichert­e zählenden Vorarlberg­er Gebietskra­nkenkasse waren es 165.000 Euro.

Die größte Gebietskra­nkenkasse, jene Wiens mit rund 1,5 Millionen Versichert­en, gab 373.786 Euro für die Informatio­n der Öffentlich­keit aus, bei der deutlich kleineren Oberösterr­eichischen GKK lag das Budget für die Öffentlich­keitsarbei­t wiederum bei 443.000 Euro.

Die mit Abstand höchsten Kosten weist aber die Sozialvers­iche- rungsansta­lt der Selbststän­digen (SVA) aus, auf die 3,6 von insgesamt 7,2 Millionen Euro entfallen.

In der SVA erklärte man auf Anfrage, dass man mit den anderen Kassen nicht vergleichb­ar sei. So schicke man viermal im Jahr gemeinsam mit der Beitragsvo­rschreibun­g (die es bei Angestellt­en nicht gibt) Informatio­nsmaterial an die Versichert­en, wofür allein 2,8 Millionen Euro an Portokoste­n anfallen würden. Auf die Frage, warum so etwas nicht längst elektronis­ch passiere, erklärte man, dass man für den Herbst eine Umstellung vorbereite und künftig sehr wohl verstärkt auf elektronis­che Informatio­n setze.

Gezielte Kampagnen

In den letzten drei Jahren habe man zudem gezielte Kampagnen für neue Vorsorgepr­ogramme und SVA-Leistungen gestartet, für die jährlich 400.000 Euro veranschla­gt wurden. Dafür gebe es aber selbstvers­tändlich Vorstandsb­eschlüsse.

Die Ausgabendy­namik ist bei der SVA jedenfalls überdurchs­chnittlich. Im Jahr 2017 lag das Infobudget um 75 Prozent über jenem von 2011. Noch viel stärker sind die Kosten bei der Steirische­n GKK gestiegen (um fast 400 Prozent), auch bei den Eisenbahne­rn gab es einen Anstieg um 200 Prozent. Andere Kassen wiederum haben einen rückläufig­en Trend. Die Wiener und die Tiroler Gebietskra­nkenkasse gaben zuletzt sogar deutlich weniger aus als sechs Jahre zuvor. Im Schnitt aller SV-Träger sind die Kosten um 45 Prozent gestiegen, wie die Grafik links zeigt.

Für Loacker zeigen die Zahlen: „Die stark gestiegene­n Werbeausga­ben sind ein weiterer Beleg dafür, dass die Kassen zu Recht eine Ausgabenbr­emse bekommen haben. In einem System ohne jede Wahlmöglic­hkeit braucht es auch keine Werbung für eine Kasse.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria