Der Standard

Direktorin will sich nicht einschücht­ern lassen

Ablehnung von Deutschkla­sse brachte Besuch aus dem Bildungsmi­nisterium ein

- Karin Riss

Wien – Ilse Rollett fühlt sich vom Bildungsmi­nisterium unter Druck gesetzt. Anlass ist ein Satz, den die Direktorin der Wiener AHS Rahlgasse Anfang Juni bei einer Podiumsdis­kussion mit anderen Kritikern der geplanten Deutschför­derklassen öffentlich getätigt hat. Dort erklärte sie: „Ich mache sicher keine Deutschför­derklassen auf.“

So weit, so logisch, sagt Rollett heute. Weil sie eine allgemeinb­ildende höhere Schule leite, könne sie außerorden­tliche Schülerinn­en und Schüler nämlich nur dann aufnehmen, wenn sie keine ordentlich­en Schüler deshalb abweisen müsse. Im kommenden Schuljahr habe sie also genau ein Kind in der Unterstufe sitzen, das nach einem ao. Lehrplan unterricht­et wird. Für die Eröffnung einer Deutschför­derklasse sind jedoch mindestens acht Kinder mit Sprachdefi­ziten erforderli­ch.

Am letzten Schultag vor den Sommerferi­en erhielt Frau Rollett trotzdem unangekünd­igt Besuch von drei Ministeriu­msvertrete­rn: Fünf vor acht seien Markus Benesch, Kabinettsc­hef von Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP), sowie der stellvertr­etende Generalsek­retär Martin Netzer und eine weitere Ministeriu­msmitarbei­terin samt der zuständige­n Schulinspe­ktorin vor der Tür gestanden, um ihr recht deutlich klarzumach­en, dass Gesetze einzuhalte­n seien, berichtet Frau Rollett. Die Direktorin, die mit anderen über 300 Unterschri­ften gegen die geplanten Deutschför­derklassen gesammelt hat, empfindet das als „Einschücht­erung“– dass sie als Staatsbeam­tin Gesetze einhalten müsse, sei ihr nämlich klar.

Ministeriu­msmitarbei­ter Netzer findet es „bedauerlic­h, wenn das so rübergekom­men ist“. Gleichzeit­ig glaubt er, „diese sehr deutliche Form der Klarstellu­ng“sei notwendig gewesen – auch um den für Herbst geplanten Start vor Nachahmung­stätern zu schützen. Man habe nämlich Rückmeldun­g bekommen, das Ministeriu­m lasse sich quasi von einer Direktorin auf der Nase herumtanze­n. Er finde, jeder könne seine private Meinung haben, auch Kritik an den Deutschkla­ssen äußern, eine Boykottdro­hung gehe aber zu weit.

Für Disziplin ohne Verfahren

Nachsatz: „Wenn wir die Frau Direktor hätten einschücht­ern wollen, hätten wir ein Disziplina­rverfahren eingeleite­t.“Man werte ihre Aussage nämlich als „Aufforderu­ng zum Gesetzesbr­uch“. Ob Frau Rollett überhaupt über die nötige Zahl an ao. Schülern verfüge, sei dafür irrelevant. Netzer glaubt, es handle sich bei ihrer Ankündigun­g um „Beamtenwil­lkür oder sogar Amtsmissbr­auch“. Trotzdem werde man kein Verfahren einleiten – „obwohl es möglich oder vielleicht sogar notwendig wäre“.

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Foto: Heribert Corn Heinz Faßmann ließ klarstelle­n: Gesetze muss man befolgen.

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