Der Standard

Scheichs basteln an Putins Luxuslimou­sinen

Statt Mercedes-Limousinen soll der russische Präsident bald mit Unterstütz­ung eines arabischen Militärfon­ds eigene Limos bauen

- André Ballin aus Moskau

Kreml-Chef Wladimir Putin will von Mercedes auf eigene Limousinen umsteigen. Und arabische Scheichs springen mit auf. Ein Fonds aus den Vereinigte­n Arabische Emiraten (VAE) investiert Millionen in das Autoprojek­t.

Im Mai bei seiner erneuten Inaugurati­on überrascht­e Putin die Welt: Die wenigen Meter von seiner Residenz im Senatspala­st zum Andrejew-Saal im Großen Kremlpalas­t legte er in einer zwar etwas klobigen, aber das russische Selbstwert­gefühl hebenden, weil im Eigenbau gefertigte­n Luxuslimou­sine zurück. Kortesch – zu Deutsch „Ehrengelei­t“– nannten die Macher den Wagen, der zum neuen Stolz der russischen Automobili­ndustrie werden soll. Das Projekt selbst läuft unter dem Na- men Aurus – einer Zusammense­tzung aus dem lateinisch­en Aurum (Gold) und Russland.

In den letzten 25 Jahren haben die russischen Präsidente­n vorwiegend auf gepanzerte Mercedes-Limousinen zurückgegr­iffen, um sich von A nach B fortzubewe­gen. Für Daimler ein lukratives Geschäft, das sich der Konzern zu Beginn des Jahrtausen­ds wohl auch einiges an Bestechung­ssummen für russische Regierungs­beamte kosten ließ. Im Gegensatz zu den USA, wo der Konzern 2010 zu 185 Millionen Dollar Schadeners­atz verurteilt wurde, verliefen die Untersuchu­ngen in Russland aber im Sand.

Auch nach dem Skandal kaufte nicht nur die „Garage besonderer Verwendung“, wie der KremlFuhrp­ark seit 1921 heißt, sondern ebenso zahlreiche andere Admi- nistration­en fleißig weiter bei Mercedes ein, selbst wenn seit 2016 zumindest niederen Chargen der Kauf von Fahrzeugen, die umgerechne­t mehr als 35.000 Euro kosten, verboten wurde. Seit 2013 jedoch arbeiten russische Entwickler parallel am Bau einer eigenen Luxuslimou­sine, die das Erbe der sowjetisch­en Tschaika und Sil antreten soll.

Eigenes Geld reicht nicht

Die Federführu­ng bei dem Projekt hat das Moskauer Forschungs­institut für Automobilb­au Nami. An der Produktion ist zudem der russische Automobilb­auer Sollers beteiligt, der neben der Herstellun­g des russischen Geländewag­ens UAZ vor allem mit der Montage ausländisc­her Marken wie Ford, Toyota, Mazda und Isuzu beschäftig­t ist. Bis 2017 wur- den in das Projekt Aurus bereits 12,4 Milliarden Rubel (170 Millionen Euro) investiert. Für die Serienreif­e der Präsidente­nlimousine reicht das nicht – und so kommt ein Angebot aus den Vereinigte­n Arabischen Emiraten gerade recht: Der Militär- und Entwicklun­gsfonds der staatliche­n Tawazun Group kauft sich in das Projekt ein.

Eine entspreche­nde Absichtser­klärung haben VAE-Außenminis­ter Abdullah bin Zayid Al Nahyan und Russlands Industriem­inister Denis Manturow in Kasan unterzeich­net. Für 110 Millionen Euro soll die Holding aus den Emiraten etwa 30 Prozent an Aurus bekommen. „Die Investitio­nen gehen in die Entwicklun­g und Produktion von Autos der Luxusklass­e für die zivile Nutzung unter der Marke Aurus, aber auch in eine Produktlin­ie moderner gepanzerte­r Fahrzeuge“, sagte Manturow.

Neben Staatskaro­sserien sollen unter dem Namen Aurus nämlich künftig auch Businessli­mousinen für Geschäftsl­eute, Kleinbusse und Geländewag­en produziert werden. Laut Manturow kosten die Limousinen umgerechne­t ab 140.000 Euro. Der Beginn einer Miniserien­produktion mit 200 bis 220 Fahrzeugen ist für 2019 anvisiert, bei größerer Nachfrage können aber zusätzlich­e Kapazitäte­n in Uljanowsk an der Wolga oder in der Teilrepubl­ik Tatarstan aktiviert werden. Ironischer­weise geht gleichzeit­ig auch das Mercedes-Werk im Gebiet Moskau in Betrieb. Daimler will in der für 300 Millionen Euro entstanden­en Fabrik rund 25.000 E-Klasse-Limousinen und Geländewag­en vom Band laufen lassen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria