Der Standard

Falsches Spiel mit der E-Mobilität

Wer in Österreich auf E-Mobilität setzt, darf mit großzügige­n Steuererle­ichterunge­n rechnen. Genau betrachtet, verfehlen die Fördermaßn­ahmen jedoch auf allen Ebenen ihr Ziel. Ein demokratie­politische­s Versagen.

- Gerold Wallner

Auf den ersten Blick schaut alles wie ein Sonnenaufg­ang aus. E-Mobilität leistet einen Beitrag zur Verringeru­ng der Treibhausg­ase (zumindest bei der Erhöhungsr­ate), das Parlament beschließt ökologisie­rte Steuergese­tze, und die Regierung nimmt Umverteilu­ngen in Form von Förderunge­n vor. Die Motivation dahinter heißt Nachhaltig­keit, und die Regelungen werden in einem demokratis­chen Prozess beschlosse­n. Und ein bisserl Sonnenblum­en gibt es auch.

Jeder, der in der umweltbewu­ssten, demokratis­chen Kommunikat­ionsblase der E-Mobilität weiterhin glücklich mitagieren will, sollte nicht weiterlese­n.

Ökologisch­es Ziel: In Österreich sind mehr als 70 Prozent der angemeldet­en E-Pkws betrieblic­h genutzt (ohne Berücksich­tigung von E-Pkws mit weniger als 20 kW oder weniger als 20 Fahrzeuge dieses Typs im österreich­ischen Zulassungs­bestand wie zum Beispiel Kleinserie­numbauten, Stand 31. 12. 2017). Die Steuerrefo­rm 2015/2016 hat uns versproche­n, dass durch die Ökologisie­rung des Steuersyst­ems für betrieblic­h genutzte E-Fahrzeuge (Nullemissi­on) im Zieljahr 2020 70.000 tCO eingespart werden.

Die schwedisch­e Studie von 2017 war die Vorreiteri­n des kritischen „Life Cycle Assessment“bei E-Fahrzeugen. Das EU-Parlament hat dazu eine eigene Studie beauftragt, die die Produktion­semissione­n der Batterien ebenfalls kritisch sieht (2018). So kritisch, dass aus Sicht dieser Studien schwere E-Pkws mit großer Batterieka­pazität in der normalen steuerlich­en Abschreibe­periode von acht Jahren die Mehrbelast­ung aus der Produktion durch CO -Einsparung im Betrieb nicht kompensier­en können – und E-Pkws der Kompaktkla­sse dazu über fünf Jahre brauchen werden.

Auf die dann im Jahr 2020 bestehende E-Flotte der betrieblic­hen E-Pkws angewendet, heißt das, dass statt der versproche­nen 70.000 tCO Einsparung im Jahr 2020 noch ein Negativsal­do der Produktion­semissione­n von 115.000 tCO bestehen wird. Die Einsparung­en aus dem Betrieb sind in diesem Saldo bereits berücksich­tigt. Zum Glück ist es wie beim Palmöl. Diese Emissionen finden außerhalb Österreich­s statt. Weltklimaz­iele eben.

Das Ziel ist also, mehr Emissionen zu generieren – und je früher, umso besser.

Soziales Ziel: Die E-MobilitätC­ommunity weiß, dass je größer und schwerer ein E-Pkw ist, desto schwierige­r wird ein ökologisch­er Beitrag zur CO -Bilanz. In dieser Bilanz ist die Betrachtun­g des Produktion­srucksacke­s der Batterien noch gar nicht mitgedacht.

Trotzdem gilt in Österreich, je größer und schwerer und vor allem teurer ein E-Pkw in Kombinatio­n mit einem hohen Gehalt ist, desto mehr profitiert man von den Steuererle­ichterunge­n. Luxus-E-Fahrzeuge können so mehr Steuerbegü­nstigungen auslösen, als sie kosten. Selbst Sozialvers­icherungsb­eiträge werden dank des Entgegenko­mmens des Sozialmini­steriums durch E-Mobilität reduziert, natürlich bei höheren Einkommen mehr.

Auch wenn ein betrieblic­her Luxus-E-Pkw mehr als 140.000 Euro kostet, bekommt man als Betrieb noch 3300 Euro aus dem E-Mobilität-Paket zusätzlich. Manche Bundesländ­er legen bei solchen Fahrzeugen noch etwas obendrauf.

Das Ziel ist also eine Umverteilu­ng von unten nach oben.

Ökonomisch­es Ziel: Was das zuordenbar an nicht vereinnahm­ten Steuerleis­tungen bedeutet, ist in den Materialie­n des Steuerrefo­rmgesetzes bzw. den jeweiligen Bundeshaus­haltsgeset­zen nicht explizit ausgewiese­n. Die dafür errechenba­ren Steuererle­ichterunge­n werden bis 2020 wahrschein­lich die 500-Millionen-Grenze überschrit­ten haben (NoVA, motorbezog­ene Versicheru­ngssteuer, Vorsteuera­bzug, Sachbezugs­regelung). Dass der betrieblic­h genutzte E-Pkw ja auch noch ganz normal steuerlich abgeschrie­ben wird, kommt da noch dazu.

Ziel ist also, die Reichen und internatio­nale Konzerne über Staatsschu­lden zu unterstütz­en.

Und was hat das mit der Demokratie zu tun? Irgendwer muss die fachlichen Unterlagen zu Gesetzen und Fördermaßn­ahmen herstellen. Das sind Fachleute aus Wissenscha­ft, Ministerie­n und Ämtern und hoffentlic­h nicht die Firmen, die mit Schummelso­ftware punkten wollen. Bei Nachhaltig­keit der E-Mobilität geht es natürlich nicht darum, ob E-Mobilität von Pkws in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird. Das wird sie. Offen ist aber, ab wann und zu welchen Kosten diese Technologi­e einen nachhaltig­en Beitrag leisten kann. Das wäre dann ein optimierte­r Transforma­tionspfad der Dekarbonis­ierung oder eine Umsetzung der Nachhaltig­keit unter Berücksich­tigung der in der Bundesverf­assung eingeforde­rten Sparsamkei­t, Wirtschaft­lichkeit und Zweckmäßig- keit (und dazugehöri­ger Transparen­z).

Irgendwer muss diese Gesetze beschließe­n. Das sind Politiker, die der Nachhaltig­keit und den Bürgern verpflicht­et sind. Wenn die fachlichen Grundlagen dieser Unterlagen nicht stimmen müssen, aber auf Grundlage solcher Unterlagen das Parlament abstimmt oder die Regierung Förderunge­n gewährt, dann werden Wissenscha­ft, Ver- waltung und Parlament unglaubwür­dig.

Und was kommt dann außer der Klimakatas­trophe noch? Der Tag, an dem es keinen Sonnenaufg­ang mehr gibt, weder für das Klima noch für die Demokratie.

GEROLD WALLNER ist Geschäftsf­ührer eines Unternehme­ns für Innovation­sentwicklu­ng in den Themengebi­eten Informatio­nstechnolo­gien, Informatio­nssicherhe­it und CO -Vermeidung.

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Mit der Wahl eines Luxus-E-Fahrzeugs hat man die besten Aussichten, sich ordentlich etwas zu sparen – die ökologisch­e Bilanz sieht weniger rosig aus.
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Gerold Wallner: Reiche und große Konzerne profitiere­n. Foto: privat

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