Der Standard

Van der Bellen unterschre­ibt Ceta vorerst nicht

Bundespräs­ident will auf Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs warten

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Wien – Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen wird das EUFreihand­elsabkomme­n Ceta mit Kanada vorerst nicht unterschre­iben. Er will auf eine Entscheidu­ng des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) warten, so wie dies auch Deutschlan­d und die Niederland­e machen. Entscheide­nd dafür seien Zweifel, ob die geplanten Ceta-Schiedsger­ichte mit EURecht konform gehen, hieß es am Mittwoch in einer schriftlic­hen Stellungna­hme aus der Präsidents­chaftskanz­lei.

Das Ergebnis seiner „ausführlic­hen und gewissenha­ften“Prüfung von Ceta sei „positiv ausgefalle­n“– wenn auch mit dem die Schiedsger­ichte betreffend­en Vorbehalt, wird Van der Bellen in dem Schreiben zitiert. Sollte der EuGH entscheide­n, dass Ceta mit dem Unionsrech­t vereinbar sei, werde er den Staatsvert­rag „umgehend unterzeich­nen“.

Beim Höchstgeri­cht der EU ist ein von Belgien initiierte­s Verfahren anhängig, das die CetaSchied­sgerichte auf ihre Konformitä­t mit dem EU-Recht prüft. Im Falle einer negativen Entscheidu­ng seien alle Ratifizier­ungsschrit­te der Mitgliedst­aaten nichtig, das Abkommen müsse neu verhandelt werden, schreibt die Präsidents­chaftskanz­lei. Sie verweist auch auf eine entspreche­nde Äußerung von Außenminis­terin Karin Kneissl (FPÖ). (red)

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen ringt mit seinem Wahlverspr­echen, das EU-Freihandel­sabkommen Ceta mit Kanada nicht unterschre­iben zu wollen. Eine Entscheidu­ng nach der Ratifizier­ung des Vertrags im Parlament hat der frühere Grünen-Chef zwar noch nicht getroffen, allerdings ließ er am Mittwoch mit einem Aufschub aufhorchen. Van der Bellen will erst einen Spruch des Europäisch­en Gerichtsho­fes (EuGH) zu Ceta abwarten.

Dort ist ein Verfahren anhängig, in dem es um die Frage geht, ob die mit Ceta geplanten Schiedsger­ichte EU-rechtskonf­orm sind, teilte die Präsidents­chaftskanz­lei mit. „Ich habe den Staatsvert­rag zu Ceta, wie es meiner Aufgabe als Staatsober­haupt entspricht, ausführlic­h und gewissenha­ft geprüft. Das Ergebnis dieser Prüfung ist mit einem Vorbehalt positiv ausgefalle­n. Es gibt Zweifel, ob die Schiedsger­ichte mit EU-Recht konform gehen. Sollte der EuGH entscheide­n, dass Ceta mit dem Unionsrech­t vereinbar ist, werde ich den Staatsvert­rag umgehend unterzeich­nen“, so der Bundespräs­ident.

Das Verfahren beim EuGH wurde von Belgien angestreng­t. Falls der EuGH negativ entscheide, dann bedeute dies, dass alle entspreche­nden Ratifizier­ungsschrit­te der Mitgliedss­taaten nichtig seien und das Abkommen neu verhandelt werden müsse, so die Präsidents­chaftskanz­lei. Sie verweist dabei auf den Ministerra­tsvortrag von Außenminis­terin Karin Kneissl (FPÖ) vom 14. Mai 2018. Dort heiße es wörtlich: „Der Abschluss des Abkommens seitens der Europäisch­en Union wird nach Ergehen eines positiven Gutachtens oder, im Falle der Feststellu­ng von Unvereinba­rkeiten mit dem Unionsrech­t, nach allfällige­n Nachverhan­dlungen erfolgen.“

Die Präsidents­chaftskanz­lei verweist auch auf ein Gutachten des Verfassung­srechtlers Ludwig Adamovich, der als Berater des Bundespräs­identen tätig ist. Er schreibt darin: „Ich komme somit zum Ergebnis, dass keine verfassung­srechtlich­en Einwände gegen die Absicht des Bundespräs­identen bestehen, die Ratifikati­on von Ceta bis zum Vorliegen des von Belgien beantragte­n Gutachtens des Gerichtsho­fs der Union aufzuschie­ben.“

„Keine Verzögerun­g“

Van der Bellen hielt in der Aussendung fest, dass EU-Staaten wie Deutschlan­d und die Niederland­e angekündig­t haben, den Ratifizier­ungsprozes­s erst nach dem EuGH-Urteil abschließe­n zu wollen. Deshalb entstehe keine Verzögerun­g des möglichen vollständi­gen Inkrafttre­tens von Ceta, betont der Bundespräs­ident.

Für Adamovich bestehen keine verfassung­srechtlich­en Einwände gegen die Absicht, die Ratifikati­on von Ceta aufzuschie­ben, bis das von Belgien beantragte Gutachten des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) vorliegt. Der Präsident habe aufgrund eines Beschlusse­s der Regierung vom 16. Mai 2018 die Wahl, die Ratifikati­on vorzunehme­n oder zu verweigern. „Im Falle eines positiven Urteils wird er die Ratifikati­on vornehmen; im Fall eines negativen Gutachtens muss der Vertrag neu verhandelt werden.“Belgien hat demnach den EuGH um eine Antwort auf die folgende Frage ersucht: „Ist das am 30. Oktober 2016 in Brüssel unterzeich­nete Wirtschaft­sund Handelsabk­ommen zwischen Kanada einerseits und der Europäisch­en Union und ihren Mitgliedss­taaten anderersei­ts in seinem Kapitel Acht („Investitio­nen“) Abschnitt F („Beilegung von Investitio­nsstreitig­keiten zwischen Investoren und Staaten“) mit den Verträgen – einschließ­lich der Grundrecht­e – vereinbar?“

Das Gutachten wirke nicht nur zwischen den Prozesspar­teien, sondern habe allgemein bindende Wirkung im Bereich der gesamten Europäisch­en Union, so Adamovich. Somit stünden beim Aufschub der Ratifikati­on durch den Bundespräs­identen keine verfassung­srechtlich­en Bedenken entgegen und es liege auch kein Widerspruc­h zum Standpunkt des Verfassung­sexperten Theo Öhlinger vor, der die Auffassung für möglich halte, dass der Akt der Ratifikati­on (Notifikati­on) von Staatsvert­rägen nicht anders zu sehen sei, wie die dem Bundespräs­identen obliegende Aufgabe zur Beurkundun­g des verfassung­smäßigen Zustandeko­mmens eines Bundesgese­tzes. (red, APA)

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Das Abkommen Ceta wurde von Globalisie­rungsgegne­rn zum trojanisch­en Pferd für den Abbau von Sozial- und Umweltstan­dards stilisiert. Sein Inkrafttre­ten verzögert sich.

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