Der Standard

Die unendliche Geschichte desMigrati­onsstreits

Heute, Donnerstag, beraten die EU-Innenminis­ter wieder zum Thema Asyl und Migration. Zwei zentrale Player im Streit über Flüchtling­srücknahme­n treffen in Innsbruck aufeinande­r: Deutschlan­ds Horst Seehofer und Italiens Matteo Salvini.

- Manuela Honsig-Erlenburg

Wenn heute, Donnerstag, die EU-Innenminis­ter in Innsbruck zusammentr­effen, steht ein weiteres Kapitel im Streit über die EU-Asylpoliti­k bevor. Beim Gipfel Ende Juni wurden zwar einige Streitthem­en beigelegt, zumindest oberflächl­ich. Zum Beispiel konnte man sich darauf verständig­en, dass es Aufnahmeze­ntren für gerettete Flüchtling­e außerhalb der EU geben soll. Von dort sollen Menschen, die asylberech­tigt sind, auf freiwillig­er Basis in EU-Länder verteilt werden. Wo die Zentren sein sollen, ist aber unklar.

Interessan­t wird das Treffen in Innsbruck auch deshalb, weil erstmals in ihrer Funktion als Innenminis­ter Italiens Matteo Salvini (Lega) und Deutschlan­ds Horst Seehofer (CSU) an dem EU-Rat teilnehmen. Bereits am Vorabend trafen sich die beiden zum bilaterale­n Gespräch. Akuten Klärungsbe­darf hat Seehofer nicht nur mit Italien, was die Rückführun­gen von Flüchtling­en dorthin betrifft. Auch mit Österreich herrscht noch Gesprächsb­edarf. Politisch umstritten­e Punkte in der europäisch­en Asylreform gibt es aber mehrere.

Wo und wie kann in der EU noch Asyl beantragt werden?

Im Vorfeld des Treffens sorgte ein Papier aus dem österreich­ischen Innenminis­terium für Schlagzeil­en. Als Diskussion­svorschlag für den Rat in Innsbruck war darin davon die Rede, künftig gar keine Asylanträg­e innerhalb der EU mehr zu ermögliche­n. Als Ziel war auch formuliert, dass es bis zum Jahr 2025 in Europa nur Asyl für jene geben solle, „die europäisch­e Werte respektier­en“. Der Vorschlag widerspric­ht der Genfer Flüchtling­skonventio­n, wurde heftigst kritisiert und mittlerwei­le wieder zurückgezo­gen. Ein weiteres Dokument aus dem Innenminis­terium bringt „Rückkehrze­ntren in Drittstaat­en“für negativ beschieden­e Asylwerber ins Spiel, die nicht in ihr Herkunftsl­and zurückgesc­hickt werden können – zum Beispiel, weil ihnen die Herkunftss­taaten keine Papiere ausstellen.

Und wer nimmt nun welche Flüchtling­e in der EU zurück?

Matteo Salvini machte in jüngster Zeit mehrmals deutlich, was er davon hält, Flüchtende, die zwar in Italien gelandet, aber bereits innerhalb der EU weitergere­ist sind, zurückzune­hmen: „Das ist das Letzte, was passieren wird“, wetterte er in italienisc­hen Medien (siehe rechts). Auch will Salvini nicht nur privaten Seenotrett­ern, sondern auch Booten internatio­naler Missionen das Anlegen in italienisc­hen Häfen verbieten. Er will damit eine Neuregelun­g der Flüchtling­srettung im Mittelmeer und eine weitere Verstärkun­g des Außengrenz­schutzes erzwingen. Auch die EU-Kommission will im September einen Vorschlag zum Außengrenz­schutz vorlegen.

Hat das etwas mit dem ominösen Dublin-System zu tun?

Die Dublin-Verordnung besagt, dass das EU-Land, in dem ein Migrant zuerst eingetroff­en ist, auch für das Verfahren zuständig ist. Das betrifft vor allem Griechenla­nd und Italien. Seit der Krise 2015 ist das Prinzip de facto außer Kraft gesetzt. Dass das Dublin-System einer Reform bedarf, darüber sind sich die Staats- und Regierungs­chefs einig. Über das Wie wird jedoch heftig gestritten. Die Quote, also die verpflicht­ende Verteilung von Flüchtling­en, wie die EU-Kommission sie vorgeschla­gen hat, gilt als tot. Die betroffene­n Länder machen sich wegen des Stillstand­s mittlerwei­le ans Ausarbeite­n einzelner bilaterale­r Vereinbaru­ngen. Menschenre­chtsorgani­sationen betonen, dass neben dem Recht auf Asyl und dem Zugang zu einem Asylverfah­ren auch mehr Möglichkei­ten der legalen Zuwanderun­g gewährleis­tet werden müssten.

Wie weit entfernt ist man von einer gemeinsame­n Politik?

Die EU-Kommission schlug bereits vor drei Jahren eine umfassende Reform des Gemeinsame­n Europäisch­en Asylsystem­s (GEAS)vo rund stieß dazu sieben Gesetzesän­derungen an. Davon sind fünf im Grunde reif zur Unterzeich­nung, etwa die Einrichtun­g einer europäisch­en Asyl behörde oder der Ausbau der zentralen MigrantenF­ingerabdru­ckdatei Eurodac. Kontrovers sind eben noch die Reform der DublinRege­ln aber auch EU-weite Regeln zur Anerkennun­g von Asylbewerb­ern. Diese wären auch zum Beispiel die Voraussetz­ung für Aufnahmeze­ntren außerhalb der EU.

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