Europol pfeift die Verbrecher-EM an
Mit einer ungewöhnlichen Kampagne will Europol die Fahndung nach den meistgesuchten Verdächtigen forcieren. Ein Online-Spiel im Stil des Panini-Albums soll mehr Hinweise aus der Bevölkerung bringen.
Fußball und Verbrechen gehören zu den beliebtesten Themen in Medien und an Stammtischen. Das nützt und kombiniert die EU-Polizeiagentur Europol nun für die Fahndung nach gesuchten Verdächtigen. Wenige Tage vor dem Finale der Fußball-WM in Russland geht Donnerstagfrüh Europe‘s Most Wanted Cup, ein Online-Spiel in der Art eines Sticker-Albums mit den 25 meistgesuchten mutmaßlichen Verbrechern des Kontinents, online. Die Porträts im Panini-Stil können nur mit Codes freigeschaltet werden, die in sozialen Netzwerken versteckt sind. Der finale Code wird kommenden Samstag veröffentlicht. Unter 25 registrierten Usern werden Goodie-Bags von Europol (Kappe, Kalender, Europol-Stoffbär) verlost.
Auch Österreich ist im Album der Meistgesuchten vertreten. Es handelt sich um Tibor Foco, den mittlerweile 62-jährigen ehemaligen Motorradfahrer, der 1995 während eines Haftausgangs geflüchtet war. Foco verbüßte eine Haftstrafe wegen Mordes, beteuerte aber immer seine Unschuld. Bei seiner spektakulären Flucht mit einer bereitgestellten Kawasaki hatte er mehrere Fluchthelfer. Von Foco und auch der Maschine fehlt seither jede Spur. Das österreichische Bundeskriminalamt veröffentlicht regelmäßig Bilder davon, wie Foco heute aussehen könnte, und es gibt sogar Stimmproben des Verdächtigen. Für zweckdienliche Hinweise ist eine Belohnung von 20.000 Euro ausgeschrieben.
Europol hat in der Vergangenheit bereits mehrere Fahndungskampagnen in sozialen Internetnetzwerken gestartet. Via Facebook, Twitter und Co konnte die Zahl der Besuche auf der eigentli- chen Fahndungsseite der europäischen Polizeiagentur mit Sitz in den Haag vervielfacht werden. Auch verlinkte nationale Fahndungsseiten wie die des Bundeskriminalamtes profitieren von den Zugriffen.
Vor allem zu einem Adventkalender mit 24 gesuchten Verdächtigen im Dezember 2016 gab es viel Feedback. Aber auch eine Postkartenkampagne im Sommer des Vorjahres, in der Flüchtige dazu aufgefordert wurden, sich zu stellen („Komm bald heim!“), sorgte für Aufsehen – und Fahndungserfolge. Laut Europol konnten durch die populären Kampagnen bisher tatsächlich sechs Meistgesuchte festgenommen werden. In weiteren 17 Kriminalfällen habe es von Usern Tipps gegeben, die ebenfalls zu Festnahmen geführt hätten.
Auch die niederländischen Strafverfolgungsbehörden zeigten sich zuletzt kreativ bei den Ermittlungen zu Cold-Case-Fällen – der STANDARD berichtete. In Gefängnissen, aber auch in Büros der Bewährungshilfe wurden Kalender mit ungelösten Kriminalfällen aufgehängt – für jede Woche einer. Mit einer Auflage von fast 50.000 Kalendern sollen vor allem mögliche, bisher schweigende Mitwis- ser zum Reden gebracht werden. In den USA gibt es ähnliche Gefängnisaktionen mit Spielkarten, die Opfer von offenen Kriminalfällen zeigen. peumostwanted. eu/crimeleague