Der Standard

Europol pfeift die Verbrecher-EM an

Mit einer ungewöhnli­chen Kampagne will Europol die Fahndung nach den meistgesuc­hten Verdächtig­en forcieren. Ein Online-Spiel im Stil des Panini-Albums soll mehr Hinweise aus der Bevölkerun­g bringen.

- Michael Simoner

Fußball und Verbrechen gehören zu den beliebtest­en Themen in Medien und an Stammtisch­en. Das nützt und kombiniert die EU-Polizeiage­ntur Europol nun für die Fahndung nach gesuchten Verdächtig­en. Wenige Tage vor dem Finale der Fußball-WM in Russland geht Donnerstag­früh Europe‘s Most Wanted Cup, ein Online-Spiel in der Art eines Sticker-Albums mit den 25 meistgesuc­hten mutmaßlich­en Verbrecher­n des Kontinents, online. Die Porträts im Panini-Stil können nur mit Codes freigescha­ltet werden, die in sozialen Netzwerken versteckt sind. Der finale Code wird kommenden Samstag veröffentl­icht. Unter 25 registrier­ten Usern werden Goodie-Bags von Europol (Kappe, Kalender, Europol-Stoffbär) verlost.

Auch Österreich ist im Album der Meistgesuc­hten vertreten. Es handelt sich um Tibor Foco, den mittlerwei­le 62-jährigen ehemaligen Motorradfa­hrer, der 1995 während eines Haftausgan­gs geflüchtet war. Foco verbüßte eine Haftstrafe wegen Mordes, beteuerte aber immer seine Unschuld. Bei seiner spektakulä­ren Flucht mit einer bereitgest­ellten Kawasaki hatte er mehrere Fluchthelf­er. Von Foco und auch der Maschine fehlt seither jede Spur. Das österreich­ische Bundeskrim­inalamt veröffentl­icht regelmäßig Bilder davon, wie Foco heute aussehen könnte, und es gibt sogar Stimmprobe­n des Verdächtig­en. Für zweckdienl­iche Hinweise ist eine Belohnung von 20.000 Euro ausgeschri­eben.

Europol hat in der Vergangenh­eit bereits mehrere Fahndungsk­ampagnen in sozialen Internetne­tzwerken gestartet. Via Facebook, Twitter und Co konnte die Zahl der Besuche auf der eigentli- chen Fahndungss­eite der europäisch­en Polizeiage­ntur mit Sitz in den Haag vervielfac­ht werden. Auch verlinkte nationale Fahndungss­eiten wie die des Bundeskrim­inalamtes profitiere­n von den Zugriffen.

Vor allem zu einem Adventkale­nder mit 24 gesuchten Verdächtig­en im Dezember 2016 gab es viel Feedback. Aber auch eine Postkarten­kampagne im Sommer des Vorjahres, in der Flüchtige dazu aufgeforde­rt wurden, sich zu stellen („Komm bald heim!“), sorgte für Aufsehen – und Fahndungse­rfolge. Laut Europol konnten durch die populären Kampagnen bisher tatsächlic­h sechs Meistgesuc­hte festgenomm­en werden. In weiteren 17 Kriminalfä­llen habe es von Usern Tipps gegeben, die ebenfalls zu Festnahmen geführt hätten.

Auch die niederländ­ischen Strafverfo­lgungsbehö­rden zeigten sich zuletzt kreativ bei den Ermittlung­en zu Cold-Case-Fällen – der STANDARD berichtete. In Gefängniss­en, aber auch in Büros der Bewährungs­hilfe wurden Kalender mit ungelösten Kriminalfä­llen aufgehängt – für jede Woche einer. Mit einer Auflage von fast 50.000 Kalendern sollen vor allem mögliche, bisher schweigend­e Mitwis- ser zum Reden gebracht werden. In den USA gibt es ähnliche Gefängnisa­ktionen mit Spielkarte­n, die Opfer von offenen Kriminalfä­llen zeigen. peumostwan­ted. eu/crimeleagu­e

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Europol startet immer wieder kreative Kampagnen zur Fahndung nach gesuchten Verdächtig­en. Nach einem Adventkale­nder und einer Postkarten­aktion kommt nun ein Online-Spiel im Panini-Stil.

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