Der Standard

Kick it like Basti

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Gute Stimmung, spannende Matches und hohes spielerisc­hes Niveau – an sich müsste die Fifa mit dem Verlauf der Fußballwel­tmeistersc­haft äußerst zufrieden sein. Umso erstaunlic­her, dass ihr Präsident Gianni Infantino kaum Interviews gibt. Als Ursache dafür vermuten viele die Angst des Präsidente­n vor möglicherw­eise unangenehm­en Fragen. Sollte dem so sein, könnte es ihm helfen, sich die Kommunikat­ionsstrate­gie von Sebastian Kurz abzuschaue­n. So könnte es klingen, wenn sich Infantino an den Aussagen des Infanten der Republik Österreich orientiert: Herr Präsident, der ehemalige Fifa-Generalsek­retär Jérôme Valcke hat stabile Demokratie­verhältnis­se als Hürde für die Planung einer Fußball-WM bezeichnet. Eine für viele schockiere­nde Aussage. Was sagen Sie dazu? Infantino: Ich danke Ihnen für diese Frage. Es ist wichtig, dass es hier eine Klarstellu­ng gibt. Was wir brauchen, ist aber auch eine Fokussieru­ng auf die großen Fragen. Eine dieser großen Fragen lautet, welche Konsequenz­en die Fifa daraus ziehen wird, dass Russland und Katar ihre Turniere mittels Bestechung von Funktionär­en gekauft haben. Infantino: Wir wollen Brückenbau­er sein, auf Themen fokussiere­n, wo es gemeinsam möglich ist, unsere Fifa voranzubri­ngen. Es ist gefährlich, wenn einige Staaten in der Fifa den Eindruck erwecken, anderen Mitgliedsl­ändern moralisch überlegen zu sein. Warum wurden die beiden Vorsitzend­en der für die Aufklärung der Skandale zuständige­n Fifa-Ethikkommi­ssion von Ihnen ohne Angabe von Gründen abserviert? Infantino: Es ist Zeit. Zeit für Veränderun­g. Wir brauchen eine Fifa, die schützt. Die beiden Vorsitzend­en haben zuvor 40 Funktionär­e wegen diverser Delikte suspendier­t. Darunter auch die ehemaligen Chefs von Fifa und Uefa, Joseph Blatter und Michel Platini. Infantino: Ich halte diese Schubladis­ierungen für völlig verfehlt. Wer solche Schubladis­ierungen weitertrei­bt, spaltet und zerstört die Fifa. Sie werden doch nicht glauben, dass ein Blatter oder ein Platini kompromiss­fähiger wird, je mehr man von oben auf ihn herabschau­t. Also ich halte diese Schwarzwei­ßmalerei für schlecht. All jene, die die Welt in gute und schlechte Fußballfun­ktionäre einteilen, sind Garanten dafür, dass die Fifa auseinande­rfällt. Im Vorfeld der WM wurde von zwölf Toten und massiver Ausbeutung auf den Baustellen russischer Stadien berichtet. Noch schlimmer ist die Situation in Katar, wo Arbeitern Pässe und Löhne abgenommen werden und es auf den Baustellen bereits über 1000 Tote gegeben hat. Infantino: Wir alle wissen, dass die größte Gesundheit­sbelastung oft bei Menschen vorhanden ist, die leider Gottes arbeitslos sind. Der Internatio­nale Gewerkscha­ftsbund rechnet mit 7000 toten Bauarbeite­rn bis 2022, wenn sich an den unmenschli­chen Bedingunge­n dort nichts ändert. Infantino: Es wird nicht ohne hässliche Bilder gehen. Was wollen Sie dagegen tun? Infantino: Mich als Brückenbau­er auf die große Frage fokussiere­n: Wie können wir den Fußball vor seinen Gegnern schützen? Kann es sein, dass Sie meine Fragen gar nicht beantworte­n wollen? Infantino: Ich danke Ihnen für diese Frage und das Gespräch.

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