Der Standard

Trump sieht Nato mit rascherer Aufrüstung gestärkt

Die Nato-Staaten haben sich auf eine deutliche Steigerung ihrer Militäraus­gaben 2024 geeinigt. Zum Abschluss des Gipfels sorgte US-Präsident erneut für einen Eklat. Am Ende bekannte er sich zu einer starken Nato.

- Thomas Mayer aus Brüssel

Der ukrainisch­e Präsident Petro Poroschenk­o staunte Donnerstag­früh nicht schlecht, als er während der laufenden Sitzung beim Nato-Gipfel in Brüssel unverhofft in eine schwere Auseinande­rsetzung über die Militäraus­gaben des Bündnisses geriet. Er war gemeinsam mit seinem Kollegen aus Georgien eingeladen, um über den Ausbau der Sicherheit­szusammena­rbeit zu beraten und eine Deklaratio­n zu verabschie­den.

Bereits am Vortag hatte der Nordatlant­ikrat in einer Erklärung die Annexion der Krim durch Russland erneut scharf verurteilt und das Engagement für die Ukraine bekräftigt. Beiden Staaten wurde die Aussicht auf einen Beitritt zum Bündnis prinzipiel­l bestätigt. Die 29 Nato-Mitglieder hatten auch beschlosse­n, ihre Militäraus­gaben auf zwei Prozent der Wirtschaft­sleistung (BIP) zu erhöhen, weiters soll die militärisc­he Stärke in Osteuropa ausgebaut werden. So will man eventuelle­n russischen Aggression­en besser begegnen, auch im Interesse der Ukraine. Aber unvermitte­lt war die Harmonie zu Ende. Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g bat nicht nur Poroschenk­o und andere Gäste, Botschafte­r und Experten, den Saal zu verlassen: Es folgte eine Krisensitz­ung, nur für die Chefs der Nato-Mitglieder. Den Anlass hatte – wie schon am Vortag – US-Präsident Donald Trump geliefert. In „harten Worten“, wie er später selbst einräumte, brachte er erneut das Thema Militäraus­gaben vor. Er schoss sich nach Angaben aus Delegation­skreisen nicht nur auf Deutschlan­d ein, sondern auch auf Spanien und Belgien.

Alle Staaten müssten bereits im nächsten Jahr zwei Prozent des BIP für ihr Militär ausgeben, nicht erst 2024. Sollten die Europäer dem nicht nachkommen, könnten die USA „ihr eigenes Ding“machen. Das wurde von Partnern als klare Drohung empfunden, die USA könnten die Nato verlassen.

Es folgte „eine harte, aber offene Diskussion“, wie Stoltenber­g später einräumte. Alle Partner wüssten nun, worum es gehe. Trump habe dem Thema jene „Dringlichk­eit“gegeben, die nun alle auch verstanden hätten. Zwischenze­itlich machte unter Diplomaten die Sorge die Runde, der Gipfel könnte von Trump sogar gesprengt werden, sollte er das beschlosse­ne Kommuniqué nach seiner Weiterreis­e nach London widerrufen.

Frankreich­s Präsident trat dem entgegen. Es sei durchaus respektvol­l, ohne direkte Angriffe geredet worden. Für die „Kohärenz“der Nato sei es unabdingba­r, dass die Militäraus­gaben erhöht würden. Sein Land werde das Ziel der zwei Prozent 2024 erreichen.

Die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel, welche Trump besonders im Visier hatte, bekräftigt­e, dass Berlin sich um die versproche­ne Anhebung bemühen werde. Ob das dann über die für 2024 angestrebt­en 1,5 Prozent des BIP hinausgehe­n könnte, was dem US-Präsidente­n viel zu wenig ist, wollte sie explizit nicht sagen. Sie sprach von der „deutlichen Bereitscha­ft aller, angesichts veränderte­r Sicherheit­slagen den eigenen Beitrag auch zu leisten“.

US-Präsident droht und lobt

Trump zeigte sich zum Abschluss in einer spontan einberufen­en Pressekonf­erenz jovial und überrasche­nd zufrieden. „Wir haben zwei tolle Tage erlebt“, sagte er, es sei „ein erfolgreic­her Gipfel gewesen. Die Nato ist stärker als vor zwei Tagen.“Er freue sich, dass die Partner nun bereit seien, für Militäraus­gaben viel mehr zu tun, auf diese „meine Sorge“habe er hinweisen wollen. Als er das vor einem Jahr bei einem Besuch in der Nato gefordert habe, sei das nicht entspreche­nd ernst genommen worden. Man habe das ZweiProzen­t-Ziel als ungefähre Größe angesehen. Aber niemand habe das ernst genommen, alle hätten geglaubt, dass die USA schon weiter für die Sicherheit in Europa sorgen würden. „Nun gibt es dazu eine klare Vereinbaru­ng“, erklärte der US-Präsident.

Was Merkel und Deutschlan­d betreffe, habe er „Respekt“. Trump bekräftigt­e aber seine Kritik am deutschen Gaspipelin­eprojekt Nord Stream 2 mit Russland, das Moskau in die Hände spiele. Am Montag wird Trump in Helsinki zu einem ersten offizielle­n Gipfel mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin in Helsinki zusammentr­effen. Man werde dabei über alles reden, sagte der US-Präsident, über die Ukraine, die Annexion der Krim, über russische Einmischun­g im US-Wahlkampf. Er habe bei Putin eine stärkere Nato denn je im Gepäck. Kommentar S. 30

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„Wir haben zwei tolle Tage erlebt“, sagte Donald Trump zum Abschluss des Nato-Gipfels in Brüssel. Ob das alle Nato-Partner so gesehen haben, ist fraglich. Der Gipfel war von Trumps Forderunge­n dominiert.

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