Starkicker statt Gehaltserhöhung
Italienische Gewerkschaften drohen wegen des Transfers von Cristiano Ronaldo nach Juventus mit Streik. Der Klub hofft auf Millionen durch Merchandising.
Dass Italiens Fußballmeister Juventus Turin Superstar Cristiano Ronaldo verpflichtet hat, sorgt nicht bei allen Fans für Freude. Die Gewerkschaft Unione Sindacale des Fiat-Werkes in Melfi, wo der Jeep Renegade und der Fiat 500X vom Band laufen, hat zu einem zweitägigen Streik aufgerufen. Das Geschäft mit Ronaldo sei „nicht akzeptabel“. Der Autokonzern Fiat Chrysler Automobiles (FCA) und der Turiner Fußballklub Juventus haben dieselben Großaktionäre: die Agnelli-Familienholding Exor.
Ist es legitim, dass Exor hunderte Millionen für einen Fußballer ausgibt und gleichzeitig die FCA Arbeiter auf Sparflamme hält? Seit Jahren sind die Gehälter zahlreicher FCA-Mitarbeiter eingefroren. Die Gewerkschaften werfen John Elkann, Geschäftsführer von Exor, vor, den Kauf auf Kosten ihrer Gehälter zu finanzieren. Am Dienstag gab Exor bekannt, dass Juventus etwas mehr als 100 Millionen Euro Ablöse für den Fußballer Cristiano Ronaldo bezahlt hat.
Angeblich belaufen sich die Gesamtkosten mit Gehalt für Juventus auf bis zu 400 Millionen Euro. Nicht nur in Melfi, auch in anderen Fiat-Werken wird derzeit protestiert. „Fiat kauft für hunderte Millionen Euro einen Fußballstar, und die Arbeitnehmer müssen seit Jahren Opfer bringen“, heißt es beim Gewerkschaftsverband Unione Sindacale. Die Gewerkschaften befinden sich bereits auf Kriegsfuß, da der neue FCA-Geschäftsplan eine Kürzung der Arbeitsstellen in Italien vorsieht. Befürchtungen, dass neue Einfuhrzölle in den USA zu einer weiteren Verlagerung der Autoproduktion weg aus Italien führen, sind nicht von der Hand zu weisen.
Furcht vor Jobabbau
Auch die Einstellung der Produktion mancher Fiat-Modelle (Fiat Punto, Alfa Mito) dürfte zum Abbau von Jobs führen. Zwar versprach FCA-Chef Sergio Marchionne, die Produktion des Jeeps in wenigen Jahren zu verdoppeln, doch Marchionne ist krank, sein für Frühjahr 2019 vorgesehener Rücktritt könnte vorzeitig erfolgen.
Eingefädelt hat den Kauf von Ronaldo angeblich Juventus-Präsident Agnelli. Seit vor gut zehn Tagen Gerüchte über einen Wechsel von Ronaldo aus Madrid nach Turin bekannt wurden, ha- ben die Juventus-Aktien um 35 Prozent zugelegt. Hoffnungen, dass Juventus in der Spielsaison 2018/19 zum achten Mal in Folge den Meistertitel gewinnt und auch im Uefa-Wettbewerb als Sieger hervorgehen könnte, beschleunigten den Kurs der Juventus-Aktie.
Doch am Donnerstag setzte eine abrupte Trendwende ein, die Kurse gaben bis zu acht Prozent nach. Grund dafür mag sein, dass Juventus seine bisherigen Stars, Gonzalo Higuain und Claudio Marchisio, abgeben könnte. „Damit hätte sich der Kauf von Ronaldo selbst finanziert“, werden die Gewerkschaften beruhigt.
Die Klubführung bei Juventus hofft, mit Ronaldo an neue Sponsorenverträge zu kommen und mehr Zuschauer in das Stadion, mehr Besucher ins Juve-Museum in Turin locken zu können. Bis zu drei Millionen Trikots mit Ronaldos Nummer 7 sollten laut Prognosen dieses Jahr verkauft werden, was Juves Umsätze kräftig steigen lassen könnte. Vor den Juve-Stores in den italienischen Großstädten bildeten sich bereits Schlangen. „In Italien ist RonaldoManie ausgebrochen“, kommentierte Corriere dello Sport.