Der Standard

„Operette ist doch reiner Kitsch!“

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Rund um diesen Vorwurf lassen sich weitere gruppieren: Operette bediene, da so kitschig, Stereotype, sie sei verlogen. Brutal weitergeda­cht, ließe sich behaupten, Operette beleidige die Intelligen­z, aber soweit muss man nicht gehen. Auch Thomas Enzinger tut es nicht. Operette sei „eben genauso kitschig, wie das Leben sein kann“. Außerdem, so Stoer, könne „Kitsch als Stilmittel, das demaskiert, auch witzig sein“. Es ist dies eine These ganz im Sinne Lackners, der meint, es kommte „eben darauf an, wie man Operette inszeniert“. Edelmann hingegen findet einfach an Kitsch nichts Übles: „Guten Kitsch finde ich geschmackv­oll, wenn er zum Stück passt. Es braucht Mut zum geschmackv­ollen Kitsch!“

Andreas Stoer sieht im Kitschvorw­urf ein „Klischee, das gerne bedient wird, um die Operette in ein schmuddeli­ges Nostalgiee­ck zu stellen. Das Subversive etwa würde schon verstanden werden, würde man sich trauen, dieses auch zu zeigen. Da die Liebhaber der Operette ,made in Austria‘ es sich hinter süffigen Melodien und schönem Schein behaglich machen, wird die Ironie des Genres als Angriff auf das Publikum gewertet und in den meisten Inszenieru­ngen ausgeblend­et. Die Fledermaus ist aber etwa der Versuch, aus einer halsstarri­gen Bürgerlich­keit auszubrech­en!“

Okay. Aber klar ist: Es darf Operette nicht nur dann genießbar sein, wenn man seinen Verstand an der Garderobe abgibt.

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