Der Standard

„Ich mag weder Kurz noch Strache“

Elizabeth T. Spira lässt kein gutes Haar an der Regierungs­spitze. Im Falle eines blauen ORF-Chefs denkt die Regisseuri­n der „Liebesg’schichten und Heiratssac­hen“sogar ans Auswandern.

- Oliver Mark

Aus ihrer Verortung hat Elizabeth T. Spira nie ein Geheimnis gemacht. Muss sie auch nicht, denn 2018 ist nicht das Jahr 1942: Sie sei Jüdin und links, sagt die 75-jährige Filmemache­rin. Geboren wurde sie 1942 im schottisch­en Glasgow, weil ihr Vater, Leopold Spira, mit seiner Familie vor den Nazis fliehen musste. Als Jude und Kommunist war er gleich doppelt gefährdet. Die Familie zog 1946 wieder nach Wien, um die alte Heimat zur neuen zu machen. Bis heute.

Bis heute ist Spira auch ihrer politische­n Überzeugun­g treu geblieben, dementspre­chend kritisch sieht sie die schwarz-blaue Regierung: „Ich bin sozusagen das Gegenteil von allem, das da Politik macht.“

Abseits von Politik starten am Montag, 16. Juli, um 20.15 Uhr in ORF 2 zum bereits 22. Mal ihre Liebesg’schichten und Heiratssac­hen. Ob es eine 23. Auflage des quotenstar­ken ORF-Sommerklas­sikers geben wird, lässt Spira bis Staffelend­e offen, kündigte sie kürzlich im STANDARD- Interview an.

Eine Entscheidu­ngshilfe könnte der Regisseuri­n die Zusammense­tzung der künftigen ORF-Spitze liefern. Schwarz-Blau bastelt an einem neuen ORF-Gesetz, das statt eines Alleingesc­häftsführe­rs einen Vierervors­tand an der Spitze des ORF bringen könnte. Käme die FPÖ mit ihren Personalwü­nschen zum Zug und würden die Blauen in der neuen Konstellat­ion den ORF-Chef stellen, möchte Spira nicht nur fix mit Liebesg’schichten und Heiratssac­hen aufhören, sondern möglicherw­eise sogar auswandern, sagt sie zum STANDARD: „Wahrschein­lich würde ich nach Deutschlan­d gehen, weil ich von der Heimat die Nase voll habe.“Wäre ihre ORF-Karriere dann endgültig vorbei? „Schon, ich wüsste auch nicht, mit wem ich zu reden habe. Ich brauche keinen FPÖler als ORF-Chef. Obwohl mir die Partei eigentlich wurscht ist, aber ich bin Jüdin und ich bin links. Ich bin nicht hier geboren, sondern in England, weil man uns in der Heimat verfolgt hat. Die Heimat ist nicht immer das Angenehmst­e. Man muss sie zur Kenntnis nehmen, weil man sie nicht aussuchen kann.“

Sorge um den ORF

Für den ORF arbeitet Spira seit dem Jahr 1973: „Wir haben immer schon aufpassen müssen, vor allem bei politische­n Geschichte­n.“Die Attacken der FPÖ auf ORF-Mitarbeite­r hätten eine neue Dimension erreicht: „Bei mir persönlich ist es wurscht. Da die Herrschaft­en aber nicht die Feinsten und Klügsten sind und deswegen gar nicht feststelle­n können, wie viele gute Mitarbeite­r es im ORF gibt, fürchte ich um den ORF.“

Bereits vor einem Jahr hat Spira in einem Kurier- Interview kein gutes Haar an Sebastian Kurz gelassen, damals Außenminis­ter, heute ÖVP-Chef und Kanzler. Ob sich ihr Befund, dass Kurz ein „Blender“sei, in der Zwischenze­it geändert habe? „Nein, wirklich nicht. Weder für den einen noch für den Vizekanzle­r. Ich mag weder Kurz noch Strache, aber das ist meine persönlich­e Meinung.“Warum? „Kurz hat wenig Ahnung. Manchmal hat er Holler geredet, dass ich mich geschämt habe, dass das ein Bundeskanz­ler sein soll, der noch dazu über die österreich­ische Geschichte aber wirklich gar nichts weiß. Sie haben nur schöne, eng geschnitte­ne Anzüge, das muss man sagen.“

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Skeptische­r Blick: Die aktuelle Staffel von Elizabeth T. Spiras „Liebesg’schichten und Heiratssac­hen“könnte ihre letzte sein.

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