Der Standard

Unsere Polierer

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Die Koprolalie, mit der Boris Johnson die Tätigkeit seiner Regierungs­chefin charakteri­sierte, mag nicht den kontinenta­len Vorstellun­gen von der Ausdrucksw­eise eines britischen Gentleman entspreche­n, sie hat aber den Vorteil, ein Phänomen zu beschreibe­n, das aus dem Vereinigte­n Königreich längst auf das Vereinte Europa übergeschw­appt ist. Zwar gehört Johnson führend zu denen, die den Haufen hinterlass­en haben, den zu polieren sie nun Theresa May vorwerfen, aber wann haben Populisten die Verantwort­ung für den Schaden, den sie anrichten, je selbst übernommen, wenn man sie anderen zuschieben E kann? s muss nicht die amtierende Regierung sein, es kann auch die vorige sein, der man selbst angehört hat. Besser, wenn man auch noch volksfremd­e Elemente dafür zur Verfügung hat. Das können Asylsuchen­de sein, aber der gute alte Antisemiti­smus tut es auch, sei es in der ungarische­n Soros-Variante, sei es in der sublimiert­en Form, in der man das Konzentrie­ren und die Lagerhaltu­ng von Menschen wieder als bewährte Lösung aller Probleme in Aussicht stellt. Jedes Land bastelt an Masterplän­en Migration, in denen eines dem anderen die Verantwort­ung für Menschen zuschiebt, nur um sie dabei auf die Funktion von Spielmater­ial in Wahlkämpfe­n zu reduzieren.

Und auf die Funktion, von den anderen Haufen abzulenken, an denen man auch hierzuland­e so eifrig poliert. Der Innenminis­ter hat kaum sein Bäuerchen im Bundesamt für Terrorismu­s und Verfassung­s- schutz abgesetzt und mit der Idee, Asylanträg­e künftig möglichst vom Mond zu stellen, seine humanitäre Duftmarke nachgereic­ht.

Der Sicherheit der autochthon­en Bevölkerun­g zu dienen, lässt er sich vom Schicksal Richard des Dritten nicht abschrecke­n, der seinen Ruf „Ein Pferd, ein Pferd, mein Königreich für ein Pferd“nicht lange überlebt hat. Mit einer Hingabe, die nie ein Flüchtling von ihm erfahren wird, poliert er am Konzept einer absolut überflüssi­gen Pferdepoli­zei, mit sich selbst als Jockey im Mussolini-Flair hoch zu Ross. Wenn man schon beim Bohren harter Bretter im Sinne Max Webers nichts weiterbrin­gt, kann man immer noch beim Polieren von Rossknödel­n im Sinne Boris Johnsons eine Aufgabe finden, der man vielleicht gewachsen ist. Einschlägi­ge Erfahrunge­n hat er als freiheitli­cher Chefideolo­ge und Werbetexte­r gesammelt. Was man um das Geld, das Haltung und Betrieb eines Pferdes kosten, für eine Flüchtling­sfamilie tun könnte, U sei hier nicht nachgerech­net. nd weil es vom Kot zum Gold nicht weit ist, poliert die Regierung nun an einem Sozialabba­uKonzept gegen das Gold-Plating. Wo österreich­ische Regelungen – Gott behüte! – besser sind, als die EU vorschreib­t, sollen sie weg. Gleich 489 Punkte haben Wirtschaft und Industrie in einem ersten Anlauf gefunden. Dieser Fleiß! Die Politur soll sich auszahlen. Natürlich wird es dabei zu keinerlei Verschlech­terungen kommen, nur Wohltaten sollen das Land durchflute­n, das kennt man vom Arbeitszei­tgesetz. An dieser Quadratur des Kreises wird der Justizmini­ster aber noch zu polieren haben. Das Beste dabei: Der Bundeskanz­ler ist fern – er schwebt über jedem Haufen.

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