Der Standard

Ortega setzt in Machtkampf in Nicaragua weiter auf Härte

Mehr als 270 Menschen wurden bei Unruhen seit April getötet – Die Opposition rief Generalstr­eik aus

- Florian Niederndor­fer

Managua/Wien – 39 Jahre ist es her, dass Manuel Ortega, damals Kommandant der sandinisti­schen Guerillatr­uppen gegen das SomozaRegi­me, im Städtchen Masaya seines nahenden Siegs harrte.

Von dem Städtchen unweit der Hauptstadt Managua aus starteten die von vielen europäisch­en Linken gefeierten Aufständis­chen im Sommer 1979 den entscheide­nden Angriff, der den Diktator ins Exil nach Florida jagen und Ortega den opferreich erkämpften Sieg bringen sollte.

Heute klammert sich der mittlerwei­le 72-Jährige, der erst als Mitglied der siegreiche­n Junta, zuletzt seit 2006 als gewählter Staatspräs­ident Nicaragua regierte, seinerseit­s gewaltsam an die Macht. Mehr als 270 Menschen sind bei Protesten gegen sein Regime seit April ums Leben gekommen – dar- unter jüngst zwei Demonstran­ten, die am Freitag ausgerechn­et in der alten und neuen Opposition­shochburg Masaya Barrikaden errichten wollten, um Ortega an der Teilnahme an einer Prozession zu Ehren der Kämpfer von 1979 zu hindern. Seine Gegner, so Ortega in einer Rede nach der Gedenkvera­nstaltung, agierten mit „Gift und Hass“.

Seine Anhänger halten dem ehemaligen Revolution­är die Treue, weil er ein für lateinamer­ikanische Verhältnis­se progressiv­es Sozialsyst­em aufgebaut hat – und die katholisch­e Kirche mittels eines strikten Abtreibung­sverbots zufriedens­tellt. Seine Widersache­r werfen Ortega hingegen diktatoris­ches Verhalten, die gewaltsame Niederschl­agung der Proteste sowie Korruption vor.

Erst am Freitag nahm die Polizei den Opposition­sführer Medardo Mairena fest und warf ihm vor, ein „Terrorist“zu sein. Die Opposition, die seit Monaten den Rücktritt Ortegas und seiner Frau fordert, spricht von einem Einschücht­erungsvers­uch.

Fast zeitgleich griffen Sicherheit­skräfte die Nationale Autonome Universitä­t in Managua an, wo sich seit Monaten Regierungs­gegner verschanzt hatten. Zwei Studenten, die sich in eine nahegelege­ne Kirche geflüchtet hatten, wurden von der Polizei erschossen. Unterdesse­n blieben am Wochenende zahlreiche Banken, Märkte, Tankstelle­n und Schulen geschlosse­n, nachdem die Opposition zu einem 24-stündigen Generalstr­eik aufgerufen hatte.

Die Unruhen hatten begonnen, als Demonstrat­ionen gegen Rentenkürz­ungen gewaltsam niedergesc­hlagen worden waren. Seither weiteten sich die Proteste gegen den gewandelte­n Guerillero Ortega auf das ganze Land aus.

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Foto: AFP In Managua kam es nach dem Tod von Studenten zu Protesten.
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