Der Standard

Kopftuchve­rbot zulässig

Verfassung­sdienst gibt Regierungs­projekt grünes Licht

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Wien – Die Regierung wandelt – siehe Mindestsic­herung und Familienbe­ihilfe – immer wieder auf rechtlich wackeligem Terrain, doch bei einer Frage scheinen ÖVP und FPÖ festen Boden unter den Füßen zu haben: Ein Kopftuchve­rbot im Kindergart­en ist nach Einschätzu­ng des Verfassung­sdienstes „grundsätzl­ich verfassung­srechtlich zulässig“.

Die Experten weisen in ihrer Stellungna­hme darauf hin, dass die Bestimmung zwar ins Recht auf Religionsf­reiheit beziehungs­weise Privatlebe­n eingreife, die internatio­nale Judikatur dies aber in gewissen Fällen genehmige. So habe der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte in einigen Fällen das Verbot des Tragens religiöser Symbole und religiöser Bekleidung für zulässig erachtet.

Jedoch seien noch bestimmte Präzisieru­ngen nötig. Laut aktueller Formulieru­ng „ist in elementare­n Bildungsei­nrichtunge­n Kindern das Tragen weltanscha­ulich oder religiös geprägter Bekleidung zu verbieten, die mit der Verhüllung des Hauptes eine frühzeitig­e Sexualisie­rung der Kinder und damit eine geschlecht­liche Segregatio­n bezwecken“und mit Werten der Verfassung, „insbesonde­re der Gleichstel­lung von Mann und Frau, nicht vereinbar sind“.

Zu einem ähnlichen Urteil kommt der Verfassung­srechtler Theo Öhlinger: Auch er hält das Kopftuchve­rbot für zulässig.

Streit um die Kindergärt­en

Allerdings gibt es politische­n Widerstand. Nicht nur sozialdemo­kratische, auch ÖVP-geführte Landesregi­erungen ärgern sich darüber, dass die Regierung das Verbot als Bedingung in jenen Bund-Länder-Pakt schreiben will, der den Kindergärt­en künftig 110 Millionen Euro jährlich an Förderunge­n garantiere­n soll: Das eine, so die Kritik, habe mit dem anderen nichts zu tun. Außerdem stoßen sich Landeshaup­tleute daran, dass die zugesagten Förderunge­n um 30 Millionen unter dem bisherigen Niveau liegen – und das, obwohl die Regierung gleichzeit­ig höhere Qualitätsa­nsprüche stellt.

Beim Start der Sommer-Wandertour „Bergauf Österreich“von ÖVP-Chef Sebastian Kurz in St. Radegund deutete der steirische Landeschef Hermann Schützenhö­fer, ebenfalls ÖVP, allerdings eine Lösung an: „Ich will den Gesprächen nicht vorgreifen. Aber es gibt Bewegung.“

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