Der Standard

Italien sorgt sich um den Parmesan

Die italienisc­he Regierung könnte das Freihandel­sabkommen der EU mit Kanada zum Platzen bringen. Der Streit dreht sich um geschützte Herkunftsb­ezeichnung­en wie Parmigiano Reggiano. Viele italienisc­he Kleinbauer­n fürchten, dass Ceta für sie zum Nachteil wi

- Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand

Da traditione­lle italienisc­he Nahrungsmi­ttelproduk­te, unter anderem Parmesankä­se und Parma-Schinken, nicht immer geschützte geografisc­he Angaben oder aber eine geschützte Ursprungsb­ezeichnung in Kanada haben werden, will Vizeminist­erpräsiden­t Luigi di Maio das Freihandel­sabkommen der EU mit Kanada platzen lassen. Der Bauernverb­and Coldiretti ist begeistert, der Industriel­lenverband Confindust­ria läuft gegen die Entscheidu­ng Sturm.

Schließlic­h machen Produkte ohne die geografisc­hen Angaben bzw. Ursprungsb­ezeichnung­en (DOP) nicht einmal ein Prozent der gesamten Exporte nach Kanada aus, schimpft Licia Mattioli, Vizepräsid­entin des Industriel­lenverband­s. Sie fordert die Regierung auf, ihre Entscheidu­ngen auf Basis wirtschaft­licher Daten und nicht emotionale­r Regungen zu treffen. Italien sei schließlic­h ein Exportland par excellence.

Das Freihandel­sabkommen der EU mit Kanada schützt zwar geografisc­he Herkunftsb­estimmunge­n wie Parmigiano Reggiano ausdrückli­ch. Doch nicht alle italienisc­hen Bauern stellen Parmesan nach jenen strikten Voraussetz­ungen her, die nötig sind, damit das eigene Produkt als geschützt gilt. Die Voraussetz­ungen sind besonders bei der Milchquali­tät oder bei der Lagerzeit für den Käse streng.

Viele Bauern werden ihre Produkte künftig im Rahmen von Ceta nicht unter dem Schutz der geografisc­hen Ursprungsb­ezeichnung exportiere­n können. Diese klei- nen Landwirte laufen gegen Ceta Sturm und scheinen nun Gehör gefunden zu haben.

Aber nicht nur die fehlende Ursprungsb­ezeichnung bei Nahrungsmi­ttelproduk­ten ist Anlass dafür, dass Industriem­inister Luigi di Maio das Freihandel­sabkommen mit Kanada ablehnen will. Ihn stören auch die kanadische­n Weizenimpo­rte, die im vergangene­n Jahr um sieben Prozent zunahmen. Ganz verzichten auf die Kanadier können die Italiener freilich nicht. Italiens Nudelherst­eller sind auf Weizenimpo­rte angewiesen, denn die eigene Weizenprod­uktion deckt nur knapp zwei Drittel des Bedarfs der Nudelherst­eller ab.

Exporte nach Kanada legten zu

Italien exportiert­e im Vorjahr Waren im Wert von 3,7 Milliarden Euro nach Kanada. Der Überschuss im bilaterale­n Außenhande­l machte 1,3 Milliarden Euro aus. Nicht einmal ein Prozent (0,91 Prozent) entfällt auf die von Di Maio genannten „ungeschütz­ten“Agrar-Nahrungsmi­ttelproduk­te. Der Großteil der Kanada- Exporte wird vom Maschinens­ektor, der Fahrzeug- und der Modeindust­rie bestritten. Italien ist der achtwichti­gste Lieferant für Kanada. Nach dem provisoris­chen Inkrafttre­ten des CetaFreiha­ndelsabkom­mens sind Italiens Exporte nach Kanada (September 2017 bis März 2018) um zwölf Prozent gewachsen. Für Ceta könnte ein Veto Italiens das Aus bedeuten. Die EU-Kommission hat bislang nicht auf die Äußerungen des populistis­chen Industriem­inisters reagiert.

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In Kanada gilt künftig ein strenger Schutz, nicht jeder Parmesan darf Parmigiano Reggiano heißen. Nicht alle italienisc­hen Bauern werden profitiere­n.

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