Der Standard

Die umstritten­e WM 2022 in Katar

Vielleicht eine Mammut-WM, ganz sicher eine WM in der Adventzeit: Die Endrunde 2022 in Katar wird ziemlich speziell. Dass in vier Jahren dort allerdings der Weltmeiste­r gekrönt werden soll, ist nach wie vor mehr als umstritten.

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Katar hat sich während der Fußball-WM in Russland ziemlich rargemacht. Der Gastgeber der kommenden Endrunde 2022, die erstmals im europäisch­en Winter stattfinde­t, war kaum präsent. Ungewöhnli­ch für ein Land, das so lange und beharrlich seine Rolle als Ausrichter der Weltmeiste­rschaft gegen große internatio­nale Widerständ­e verteidige­n musste und immer noch verteidige­n muss.

Immerhin: Der Emir von Katar, Tamim bin Hamad al-Thani, hatte für das Endspiel zwischen Frankreich und Kroatien am Sonntag im Luschniki-Stadion von Moskau sein Kommen zugesagt. Ist die Zurückhalt­ung der Katarer in Dissonanze­n mit dem Weltverban­d Fifa begründet? Fakt ist, dass sich Fifa-Präsident Gianni Infantino beharrlich die Möglichkei­t einer Aufstockun­g der Endrunde offenhält. „Ob die WM 2022 mit 32 oder 48 Teams über die Bühne gehen wird, wird in den nächsten Monaten entschiede­n“, sagte Infantino am Freitag in Moskau. Zuerst solle sich die Fifa mit Katar austausche­n. „Wenn es möglich ist, werden wir im FifaRat darüber sprechen.“

Der stellvertr­etende WM-Organisati­onschef der Katarer, Nasser Al Khater, hält eine Erhöhung der Starterzah­l von 32 auf 48 schon in vier Jahren „für machbar“. „Entscheide­nd ist, dass alles zum Vorteil des Fußballs geschieht“, betonte er. Begeisteru­ng hört sich anders an.

Klar ist, dass die Fifa in Bezug auf eine Aufstockun­g natürlich an den finanziell­en Vorteil denkt, denn mehr Teilnehmer in Katar 2022 würden für den Weltverban­d höhere Einnahmen bedeuten. Ei- gentlich ist erst ab 2026 in den USA, Mexiko und Kanada die erste 48er-WM geplant.

Noch heute ist die Vergabe an Katar höchst umstritten. Seit der Entscheidu­ng des Exekutivko­mitees der Fifa am 2. Dezember 2010 in Zürich hat es in regelmäßig­en Abständen teilweise eindeutige Anzeichen für das Fehlverhal­ten der damaligen Wahlleute im Exko gegeben, die so etwas wie die „Keimzelle“des großen Fifa-Skandals waren.

Der Bericht

Unter anderem legte der im Juni 2017 veröffentl­ichte Untersuchu­ngsbericht des ehemaligen US-Anwalts Michael Garcia höchst dubiose Praktiken offen. Geschehen ist seither allerdings: nichts. Ganz im Gegenteil.

Während um die Jahreswend­e in New York der erste große Prozess im „Fifagate-Skandal“sich eben auch zumindest am Rande mit der Vergabe an Katar befasste, sonnten sich auf der anderen Seite des Erdballs die Macher im Glanz der nächsten Endrunde. „Bestens vorbereite­t“sei Katar, versichert­e Hassan Al Thawadi, der Generalsek­retär des Organisati­onskomitee­s.

So laut die Kritik am katarische­n Gastgeber der ersten Winter-WM aber auch war, so rasch folgten stets die Konter. Al Thawadi sprach zuletzt etwa von einem „sehr positiven“Bericht der Internatio­nalen Arbeitsorg­anisation (ILO). Al Tha- wadi entgegnete außerdem bezüglich der Korruption­svorwürfe mit fester Stimme: „Wir sind von der Integrität unserer Bewerbung überzeugt. Wir machen uns keine Sorgen.“Ab dem 21. November 2022 wird in Doha, Al-Rayyan oder AlWakrah der Ball rollen. Dort entstehen auf den zahlreiche­n Baustellen neue Stadien, gefertigt unter teilweise unwürdigen Bedingunge­n, die in der Vergangenh­eit zahlreiche Menschenre­chtsorgani­sationen auf den Plan gerufen haben.

Klar ist: 2022 muss der komplette Spielkalen­der modifizier­t werden, da der Fifa mittlerwei­le eingefalle­n ist, dass es während der üblichen WM-Wochen in Katar im Sommer viel zu heiß ist. Gespielt wird deshalb von 21. November bis 18. Dezember. Ein Vorteil ist: Das fußballeri­sche Niveau könnte steigen, denn speziell die in Europa engagierte­n Spieler sind formmäßig im Zenit, stehen im Saft, sind putzmunter, nicht hundemüde. (red, sid)

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Noch ist Katar auch ein Pavillon beim Moskauer Gorki-Park. In vier Jahren ist das echte Katar ein Land der vielen Stadien.

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