Der Standard

Kurz zeigt Schwäche

- Thomas Mayer

Jean-Claude Juncker hat diese Woche einiges vor. Am Montag trifft der EU-Kommission­spräsident beim EUChina-Gipfel in Peking seinen Kollegen Xi Jinping. Noch in der Nacht reist er weiter nach Tokio, wo am Dienstag Handelsges­präche mit Japans Premier Shinzo Abe anstehen. Am Mittwoch ist Juncker wieder in Brüssel, leitet die wöchentlic­he Kommission­ssitzung. Am Donnerstag fliegt er nach Madrid zu König Felipe. In zehn Tagen fährt er nach Washington zu US-Präsident Donald Trump.

Kein geringes Arbeitspen­sum – aber Business as usual für den 63-Jährigen, trotz starker Rückenschm­erzen als Spätfolge eines Autounfall­s. So etwas würde körperlich wohl sogar einem Kanzler im zarten Alter von 31 einiges abverlange­n. Womit wir in der österreich­ischen Innenpolit­ik wären und bei Österreich­s EU-Ratsvorsit­z. Sebastian Kurz wird nicht müde zu betonen, wie wichtig dieser ist und wie „proeuropäi­sch“sein Team.

Seit Freitag ist das nicht mehr glaubwürdi­g. Die Nummer zwei seines Koalitions­partners FPÖ, Harald Vilimsky, attackiert­e Juncker in beispiello­ser Weise, fordert dessen Rücktritt. Man könnte das als Einzelfall hinstellen. Aber es geht offenbar tiefer, die Kampagne läuft auf der FPÖ-Website weiter. Will die FPÖ den EU-Vorsitz in die Luft sprengen? Der Kanzler schweigt. Er fand es nicht der Rede wert, sich beim Kommission­schef zu entschuldi­gen. Das ist kein Zeichen von Jungdynami­k, sondern von Schwäche.

Newspapers in German

Newspapers from Austria