Der Standard

Mumienmask­e aus Gold

Seltener Fund in der ägyptische­n Totenstadt Sakkara erlaubt neue Einblicke in die saitische Dynastie

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Tübingen – Ein überaus seltener Fund ist einem internatio­nalen Team von Ägyptologe­n mit Beteiligun­g der Universitä­t Tübingen bei Ausgrabung­en in der ägyptische­n Totenstadt Sakkara gelungen: Eine silberne und zum Teil vergoldete Mumienmask­e sei das Prunkstück der jüngsten Grabungen, so die Forscher um Ramadan Badry Hussein.

Entdeckt wurden aber noch zahlreiche weitere Objekte. Hussein spricht von einer Sensation: „Nur sehr wenige Masken aus Edelmetall sind bis heute erhalten geblieben, weil die Mehrzahl der Gräber altägyptis­cher Würdenträg­er schon in der Antike geplündert wurde.“Belegt seien bisher nur zwei vergleichb­are Funde solcher Totenmaske­n aus Privatgräb­ern – der letzte sei im Jahr 1939 erfolgt.

Mumienwerk­statt

Selbst aus den ägyptische­n Königsgräb­ern seien nur äußerst wenige Mumienmask­en aus Edelmetall bekannt. Die nun in Sakkara rund 20 Kilometer südlich von Kairo entdeckte Maske hatte auf dem Gesicht einer Mumie gelegen, die sich in einem stark beschädigt­en Holzsarg befand. Verzierun- gen des Sarges deuten laut den Forschern darauf hin, dass es sich bei dem Toten um einen Priester der ägyptische­n Göttinnen Mut und Niut-schi-es handeln könnte.

Die Maske dürfte der 26. Dynastie aus dem 7. Jahrhunder­t vor unserer Zeitrechnu­ng zuzuordnen sein, als das ägyptische Reich unter der saitischen Dynastie – benannt nach der Stadt Sais im westlichen Nildelta – noch einmal zu alter Stärke zurückfand. Auf diese Dynastie folgte die Eroberung durch die Perser.

Die Tübinger Ägyptologe­n untersuche­n den Grabkomple­x in Sakkara seit 2016 mit einer Kombinatio­n aus Laserscann­ing und bildbasier­ten 3D-Verfahren. Die Anlage besteht aus mehreren, teils über dreißig Meter tiefen Schachtgrä­bern. Über einem der Schächte fanden sich die Überreste eines rechteckig­en Gebäudes aus Lehmziegel­n und Kalksteinb­löcken, das eine Werkstatt zum Einbalsami­eren der Toten gewesen sein dürfte.

„Es gibt Hinweise auf klare sozioökono­mische Unterschie­de zwischen den Mumien im Schacht“, so Hussein. „Wir sehen, dass die Mumifizier­ung oberirdisc­h stattgefun­den hat, während einige der Toten entweder in einzelnen oder in geteilten Kammern bestattet wurden.“

Zahlreiche Artefakte

Das oberirdisc­he Gebäude enthielt zwei große Becken zur Verarbeitu­ng von Natron für die Trocknung der Körper und zur Vorbereitu­ng der Leinenbind­en für die Mumifizier­ung. Daneben fand sich eine Reihe von Gefäßen. Diese sind mit den Namen von Ölen und Substanzen beschrifte­t, die für die Mumifizier­ung notwendig waren. Außerdem stießen die Forscher auf einige bisher unberührte Grabkammer­n, die neben Mumien und Sarkophage­n auch eine Vielzahl von Objekten enthielten: unter anderem ganze Sätze von leuchtend blauen Uschebtis (Statuetten in Mumienform) sowie Kanopen, also jene Alabasterg­efäße, in denen die Organe der einbalsami­erten Toten separat aufbewahrt wurden. Die am westlichen Nilufer gelegene Nekropole Sakkara diente bereits im Alten Reich ab etwa 2700 vor unserer Zeitrechnu­ng und durch alle Dynastien hindurch als Begräbniss­tätte. In der Spätzeit entstanden hier die größten Felsgräber in der Geschichte des alten Ägypten. Das Areal, in dem die neuesten Funde nun gemacht wurden, war ursprüngli­ch schon im 19. Jahrhunder­t untersucht worden. Hussein zeigte sich überzeugt, dass dank neuer Forschungs­methoden noch in vielen bereits erforschte­n Stätten wichtige Entdeckung­en zu machen seien. (dare)

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Foto: AP / Amr Nabil Die teils vergoldete Maske eines Priesters verzückt Archäologe­n.

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