Der Standard

Mythos mit Leben füllen

- Stephan Hilpold

Die Empörung erfasste das halbe Land. Als Claus Peymann 1986 ins Burgtheate­r einzog, brachte er aus Bochum nicht nur gefeierte Inszenieru­ngen mit, sondern auch einen Tross an Schauspiel­ern. Gert Voss und Kirsten Dene zum Beispiel, bei deren Erwähnung Theatergän­ger noch heute in Erinnerung­en schwelgen. Publikumsl­ieblinge wie Fritz Muliar oder Erika Pluhar wurden dagegen aufs Abstellgle­is gestellt. Von 162 Schauspiel­ern, die unter Peymann-Vorgänger Achim Benning engagiert waren, gehörten einige Jahre später zwei Drittel nicht mehr dem Ensemble an. Ein Kahlschlag, motzten viele Kritiker.

Dem Ruf des Burgtheate­rs hat der Ensemble-Umbau nicht geschadet. Heute spricht kaum jemand mehr über die Ära Benning. Jene von Claus Peymann erscheint dagegen in einem verklärten Licht – auch wegen des exzellente­n Ensembles, das sich bald in die Herzen der Wiener spielte.

32 Jahre und drei Burgtheate­rdirektore­n später umfasst das Burg-Ensemble gerade noch 65 Schauspiel­er. 24 von ihnen, so das Gerücht, wird der designiert­e Intendant Martin Kušej austausche­n. Dafür gibt es gute Gründe. In den vergangene­n Jahren hat die Burg nicht nur finanziell, sondern auch künstleris­ch Federn lassen müssen. Das BurgEnsemb­le fiel weniger durch Glanzleist­ungen auf der Bühne als durch Wehklagen hinter den Kulissen auf. Es ist Zeit, neu durchzusta­rten – und den Mythos Burgtheate­r mit neuem Leben zu füllen. Auch was die Schauspiel­er betrifft.

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