Der Standard

Wirbel um Putins Befragungs­wünsche

Russlands Behörden wollen Obamas Ex-Moskau-Botschafte­r befragen, der später Hillary Clinton unterstütz­te. Putin soll Trump gebeten haben, dies zu erlauben. Der lehnte nicht ab.

- Manuel Escher

Dass das US-Außenamt Ideen als „absolut absurd“bezeichnet, mag vorkommen. Ziemlich ungewöhnli­ch ist es aber, wenn es sich dabei um Vorschläge handelt, von denen das Weiße Haus noch wenige Stunden zuvor sagte, man prüfe sie aufmerksam. Die Widersprüc­he zeigen, wie kontrovers die Idee ist, um die es geht: den früheren Botschafte­r der USA in Russland von der russischen Justiz befragen zu lassen. Vor allem aber zeigte der Fall auch einmal mehr die Probleme auf, die aus dem Vier-Augen-Gespräch vom Montag zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin entstanden sind – nämlich dass keiner genau weiß, welche Dinge wem zugesagt wurden.

Im Fall des Botschafte­rs Michael McFaul, dessen Befragung Moskau begehrt, geht es aber zudem um eine andere bedeutende Frage, nämlich um jene, ob Diplomaten der USA auch dann Schutz vom Präsidente­n erwarten können, wenn sie aus einem anderen politische­n Lager kommen oder ihm einmal widersproc­hen haben. Denn die Vorwürfe, die Russland McFaul offenbar macht, scheinen eher dünn zu sein. Der Diplomat, der auf Bestellung Barack Obamas zwischen 2012 und 2014 in Moskau seiner Tätigkeit nachgegang­en war, soll nach Ansicht russischer Ermittler dem britischen Manager Bill Browder geholfen haben, Geld zu waschen und zur Finanzieru­ng des demokratis­chen Wahlkampfs zu spenden.

Browder ist ein Intimfeind Putins: Er ist jener Geschäftsm­ann, dessen Anwalt Sergej Magnitzki 2009 unter ungeklärte­n Umständen in einem Moskauer Gefängnis gestorben ist, nachdem er nach eigenen Angaben Steuerhint­erziehung und unlautere Geschäfte der Behörden offengeleg­t haben wollte. Der Fall führte 2011 zum „Magnitzky Act“, einem US-Sanktionsg­esetz, das so ähnlich auch andere Staaten übernahmen. Russlands Behörden verurteilt­en später in Abwesenhei­t Browder – und posthum auch Magnitzky – wegen Steuerhint­erziehung.

Mobbing seit dem Dienstende

Was genau McFaul damit zu tun haben soll, ist nicht ganz klar – klar ist aber, dass der Diplomat ab 2012 in einer Phase in Russland war, in der sich die Beziehunge­n zu Russland schnell verschlech­terten, und sich damals auch mit Menschenre­chtlern und Opposition­ellen traf. Er wurde in regierungs­nahen Medien schnell zum Gesicht einer als feindlich eingestuft­en US-Politik. Seither, sagte McFaul dieser Tage in Interviews und auf Twitter, werde er von Russlands Behörden nicht mehr in Ruhe gelassen. Dass er im Wahlkampf 2016 auch mehrfach mit Hillary Clinton aufgetrete­n ist, dürfte ihn zudem vonseiten Donald Trumps wenig Sympathien eingebrach­t haben.

Ein „unglaublic­hes Angebot“

Wie nun bekannt wurde, ist McFaul einer von zwölf US-Amerikaner­n, deren Befragung durch russische Ermittler Moskau im Gegenzug zu einer Befragung russischer Hackingver­dächtiger durch US-Spezialist­en durchführe­n will. Donald Trump bezeichnet­e diese Idee in der Pressekonf­erenz von Helsinki noch als „unglaublic­hes Angebot“, seine Sprecherin Sarah Huckabee Sanders sagte am Mittwoch, der Präsident denke noch immer darüber nach. Eine Zusage habe er Putin aber noch nicht gegeben.

Dass Trump daran denkt, einem anderen Staat die Verfolgung eines US-Diplomaten aus womöglich politische­n Gründen zu erlauben, sorgt seither für Aufregung. Neben den opposition­ellen Demokraten üben auch zahlreiche Universitä­tsangehöri­ge und frühere Mitarbeite­r der US-Behörden Kritik.

 ??  ?? Michael McFaul, der Ex-Russland-Botschafte­r der USA, unterstütz­te 2016 Hillary Clinton. Nun will Moskaus Justiz mit ihm sprechen.
Michael McFaul, der Ex-Russland-Botschafte­r der USA, unterstütz­te 2016 Hillary Clinton. Nun will Moskaus Justiz mit ihm sprechen.

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