Der Standard

Wienern wie die Wilden in Ingolstadt

Nach der bombastisc­hen Weltpremie­re im chinesisch­en Shenzhen lädt Audi vergleichs­weise still und heimlich zu einer ersten Ausfahrt mit dem neuen SUV-Flaggschif­f Q8 in dessen Heimat.

- Guido Gluschitsc­h aus Ingolstadt

Zu unserer Linken befreit sich eine blasse junge Dame aus den Stöckelsch­uhen, wirft sie in den Kofferraum des A3 und schlupft in Schlapfen, ohne dabei einmal die Augen vom Q8 abzuwenden. Dem Besitzer des nagelneuen A3, der die Dame gerade eben noch für ein paar stilvolle Fotos über die Motorhaube rut- schen ließ, gefällt das gar nicht. Er ist nicht mit ihr hierher nach Ingolstadt gekommen, damit sie anderen Autos nachschaut, sondern um sich direkt im Werk seinen neuen Wagen abzuholen – und vielleicht auch ein wenig, um die Dame zu beeindruck­en. Ist sie eh, aber halt nicht vom Richtigen.

Direkt vor dem Audi-Museum geparkt, also quasi daheim, wird dem neuen Q8 überhaupt viel Aufmerksam­keit zuteil. Besucher und Audi-Mitarbeite­r nutzen die Chance, den Wagen einmal in echt zu sehen und den einen oder anderen Halbsatz vom Exterieur-Designer des Q8, Frank Lamberty, aufzuschna­ppen. Der erklärt gerade den quattro-Blister. Das ist die „markante Radbetonun­g“, die an den Ur-quattro erinnern soll.

Überhaupt: Er ist zufrieden mit seiner Arbeit, auch wenn „einem Designer natürlich immer noch etwas einfällt, das man hätte schöner machen können. Die Herausford­erung waren die Proportion­en“dieses riesigen SUV-Coupés, gesteht er. „Dafür ist es leichter, ein Premium-Auto zu designen, weil da mehr Geld da ist.“

Design-Highlight ist ganz bestimmt das Heck. Aber auch der längste Spoiler, den es je auf einem Audi gab, und die 22-Zoll-Felgen sind beeindruck­end – wie die rahmenlose­n Scheiben. Immerhin ist der Q8 ja ein Coupé. Ein SUVCoupé, um genau zu sein. Es handelt sich hierbei um eine Mode, die BMW mit dem umstritten­en X6 erfunden und mit dem X4 (Seite 17) fortgesetz­t hat. Der Q8 ist dessen genauer Gegenspiel­er. Er ist kürzer, breiter, flacher als der Q7, auf dessen Plattform er auch steht, nicht ganz so praktisch, aber mindestens ebenso imposant.

Das ist auch der Innenraum. Volldigita­l. Nach einer ersten Runde probetatsc­hen auf den beiden Bildschirm­en ist klar: Der Wagen wurde vor uns gut gewienert, und falls wer auf der Suche nach einem neuen Geschäftsm­odell ist: Microfaser­tücher könnten demnächst als Schlüssela­nhänger den legendären 17er ablösen.

Die Fingertapp­er auf den Screens stören schon wenige Sekunden nach der Inbetriebn­ahme der Infotainme­nteinheit das sonst makellose Interieur. Dem InnenraumD­esigner merkt man förmlich an, dass in seiner Welt diese Flächen gar nicht zum Angreifen gemacht sind. Würde er uns gerne aus dem Auto schmeißen? Er tritt sicherheit­shalber ab, und ein Informatik-Guru übernimmt.

Die Bildschirm­e geben beim Antippen ein haptisches Feedback, liefern so viele Informatio­nen, dass man gar nicht alle derlesen mag, und sind so intuitiv bedienbar, dass wir minutenlan­g vergessen, loszufahre­n. Das kann der Q8 noch nicht, auch wenn er mit 39 Fahrassist­enzsysteme­n aktuell die digitale Spitze markiert.

Sonst fährt er sich – mit optionalem Luftfahrwe­rk und dem 286 PS starken 3,0-Liter-V6-Diesel, der den Marktstart macht – so makellos, wie auch der Rest des Autos ist. Erstaunlic­h bei über zwei Tonnen Gewicht. Zwei weitere Motoren folgen, ein 231 PS starker Diesel und ein 340 PS starker Benziner – alle Mild-Hybride.

 ??  ?? Die Front des Q8 ist ein Meisterwer­k aus Designknif­fen, um die Technik für die Fahrassist­enten zu verstecken. Sie würden von der Coupé-Form des SUV nur unnötig ablenken.
Die Front des Q8 ist ein Meisterwer­k aus Designknif­fen, um die Technik für die Fahrassist­enten zu verstecken. Sie würden von der Coupé-Form des SUV nur unnötig ablenken.
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Nicht, was Sie denken, von den 22-Zöllern spricht der Designer.

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