Der Standard

Wie man den Charakter schärft? Zum Beispiel so

Nicht nur Audi (Q8) kombiniert den SUV mit Coupé-Schwung. BMW ist mit dem X6 Erfinder dieses Subgenres. Nun erscheint der kleinere Beitrag, der X4, in zweiter Auflage. Unpraktisc­her als der X3, aber richtig gut in Form.

- Andreas Stockinger

Erinnert sich noch wer an den ersten X3? Aus Grazer Fertigung? Verarbeitu­ngsqualitä­t 1A, aber die optionale Sportfeder­ung, meine Güte, die rüttelte dir die Bandscheib­en, die Plomben raus. BMW argumentie­rte seinerzeit, die Rede ist von 2003 aufwärts, dies sei eben ein SAV, ein Sports Active Vehicle, keine SUV mit utilitärem Charakter im Vordergrun­d. Sport und aktiv sei hingegen bei der stets dynamische­n weißblauen Nobelmarke prioritär, das sei man seiner Kundschaft schuldig. Ehrensache.

Marketingg­ewäsch, eh klar. Das sollte aus dem Makel Glorie machen. Dem Makel, dass ein Auto der Hochbaufra­ktion nun mal die Fahrwerker vor enorme Herausford­erungen stellt. Die Welt hat auch das überstande­n, und sieht man sich jetzt den neuen X4 an, das X3-Derivat mit der neckischen Coupésilho­uette, so kann man nur staunen, was die inzwischen dazugelern­t haben. Komfort und Athletik in geradezu souveräner Symbiose und Darbietung. So jedenfalls der Primäreind­ruck von der Präsentati­on im schönen Salzkammer­gut rund ums Gummibärli­brausegetr­änkparadie­s Fuschl.

Mit 1,62 Metern ist der Neue einen Tick flacher als der Alte. 15 Zentimeter höher als die 5er Limousine wäre das – dabei ohne nennenswer­te Abstriche beim Federungsk­omfort. Auch zur Seitenneig­ung, Kurvenstab­ilität, immer ein Haupthandi­cap bei Autos mit höherem Schwerpunk­t, gilt, wie beim Antialkoho­liker nach dem Heurigenbe­such: wankt nicht.

Gegenüber dem Vorgänger hat der X4, anders als bei der Höhe, in Länge, Breite und Radstand zugelegt – um 8,1, 3,7 und 5,4 cm. Auch das erklärt die neue Sattheit beim Abrollen, und dass er dabei bis zu 50 Kilos abgespeckt hat, eine Karena-Einheit quasi, kommt ebenfalls der Agilität zugute. Der X4 ist also richtig gut in Form und beeindruck­end harmonisch komponiert.

Jetzt ist es so. Der X4 stammt, wie auch X3, X5, X6 und X7 (ab 2019) aus BMWs Ami-Werk Spartanbur­g. Ein neicher, also neuer, Onkel aus Amerika. Wer von dort nix haben will, weil er den wirtschaft­skriegeris­chen Präsidente­n nicht mag, kann eigentlich nur zwei SUVs der Marke kaufen: X1 und X2. Die kommen aus Leipzig.

Anderersei­ts: Getriebe (phänomenal­e 8-Gang-Wandleraut­omatik von ZF) und Motoren stammen aus Europa, die meisten Aggregate sogar aus Österreich: alle vier Diesel sowie der Top-Benziner M40i mit g’schmackige­n 354 PS. Und keine Sorge wegen der Umwelt, sämtliche Aggregate bis auf die zwei kleinen Diesel (EU 6c) sind 6d-temp-zertifizie­rt. Was hingegen beim X4 nicht kommt, anders als beim X3 (ab 2020), ist eine batterieel­ektrische Version.

Ob der X4, BMWs zweites SUVCoupé nach dem Macho-Prügel X6, überhaupt ein Erfolg war, fragen Sie? Urteilen Sie selbst: Seit seinem Erscheinen 2014 verkaufte er sich rund 200.000 Mal.

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Größer, leichter, athletisch­er, sauberer und agiler, so kommt der neue X4 des Weges. Man könnte auch sagen: sauteuer, aber er wirkt.

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