Der Standard

Eine Frage des Gehalts

- GESPRÄCHSP­ROTOKOLL: Lisa Breit

Wichtiger als ein gutes Gehalt sei für sie, mit Menschen zu arbeiten, sagt eine junge Frau, die an einer Universitä­t als Projektman­agerin arbeitet und nebenbei Sprachunte­rricht gibt. Mit ihrem Verdienst – rund 1650 Euro an der Uni und zwischen 150 und 200 Euro für die freiberufl­iche Tätigkeit – komme sie gut aus.

Ich arbeite als Projektman­agerin an einer Uni in Wien, meine Stelle ist befristet auf ein Jahr. Ich bin für 30 Stunden pro Woche angestellt. Aktuell verdiene ich 1650 Euro netto pro Monat. Allerdings muss man dazusagen, dass mir meine Berufserfa­hrung für mein Gehalt angerechne­t wurde, das ist mir sehr zugutegeko­mmen.

Finanziert wird meine Stelle über ein Drittmitte­lprojekt, sie ist befristet. Das belastet mich manchmal, denn ich weiß nie, wie es weitergehe­n wird. Auf der anderen Seite bietet mir die Befristung auch eine gewisse Flexibilit­ät. Bisher habe ich die Unsicherhe­it nie als so belastend empfunden, dass ich mir etwas anderes gesucht hätte.

Zusätzlich zu meiner Anstellung an der Universitä­t bin ich freiberufl­ich tätig. Ich gebe Sprachunte­rricht, bin Prüferin und halte Vorträge. Einerseits kann ich mir damit etwas dazuverdie­nen – etwa 150 bis 200 Euro im Monat –, anderersei­ts machen mir diese Aufgaben auch einfach Spaß. Sie bringen eine gewisse Abwechslun­g in meinen Arbeitsall­tag. Zudem finde ich es wichtig, bei anderen Institutio­nen den Fuß in der Türe zu behalten, schließlic­h ist mein Vertrag ja befristet. Da ist es gut, weitere Optionen zu haben.

Zu meiner Ausbildung: Ich habe Übersetzen studiert und dann Deutsch als Fremdsprac­he. Ich könnte natürlich auch hauptberuf­lich übersetzen, aber das Unterricht­en ist mir viel näher. Wenn ich mit Menschen arbeiten kann, anstatt zehn Stunden vor einem Bildschirm zu sitzen, ver- zichte ich gerne auf Sicherheit. Es ist mir auch wichtig, etwas Sinnstifte­ndes zu tun.

So sehe das, glaube ich, nicht nur ich. Studien zeigen, dass diese schlechte Bezahlung fast Methode hat: Dadurch ziehen Arbeitgebe­r Menschen an, bei denen die intrinsisc­he Motivation sehr hoch ist. Also Idealisten, die vor allem deshalb arbeiten, weil ihnen ihre Aufgaben am Herzen liegen.

Keine berufliche­n Kontakte

Was in meinem Lebenslauf vielleicht ein wenig untypisch ist: Ich war einige Jahre im Ausland, in Osteuropa. Als ich zurück nach Österreich gekommen bin, habe ich bemerkt, wie sehr mir das berufliche Netzwerk fehlt. In Wien hatte ich zwar Freunde, aber kei- ne berufliche­n Kontakte. Jemanden zu kennen, der jemanden kennt – das gab es bei mir nicht. Keine Informatio­nen außerhalb der klassische­n Stellenanz­eigen zu bekommen ist sehr nachteilig, denn es werden einfach sehr viele Stellen informell vergeben.

Dass Auslandser­fahrung ein Vorteil sein muss, ist ein Trugschlus­s, wie ich jetzt weiß. Ich würde die Zeit nicht missen wollen, aber von manchen Arbeitgebe­rn wird sie nicht wertgeschä­tzt. Vielleicht in gewissen Branchen. Aber selbst da zählt es mehr, sechs Monate in den USA gewesen zu sein. Sieben Jahre in Osteuropa gewesen zu sein ist kein großes Plus.

Meine Ausgaben

Ich kann von dem, was ich verdiene, gut leben. Ich wohne allein in einer Zweizimmer­wohnung recht zentral in Wien, für die ich warm 600 Euro Miete bezahle. Mit der Wohnung hatte ich vor zwei Jahren, als ich sie gefunden habe, großes Glück – die Mieten sind inzwischen schon wieder stark gestiegen. Interessie­ren würde mich auch Eigentum, aber das ist, wenn man nichts geerbt hat oder sehr gut verdient, leider utopisch.

Neben einer Haushaltsv­ersicherun­g habe ich auch eine Rechtsschu­tzversiche­rung, die mich zusammen monatlich 20 Euro kosten. Circa 50 Euro gebe ich für Internet, Telefon und Fernsehen aus.

Beim Essen schaue ich nicht auf jeden Euro, weil ich da Wert auf Qualität lege und kein fixes Budget habe. Schätzungs­weise komme ich auf 250 Euro im Monat. Ein Auto habe ich nicht, für öffentlich­e Verkehrsmi­ttel gebe ich monatlich etwa 80 Euro aus.

Wofür ich vergleichs­weise viel Geld brauche, ist die Vorsorge. Pro Monat lege ich mir 400 Euro beiseite. Das ist schon relativ viel, und ich frage mich oft: Ist es das wirklich wert? Anderersei­ts: Solange es geht, kann ich diese Geldsumme sparen. Wenn ich zeitweise finanziell schlechter dastehe, reduziere ich den Betrag.

Für Freizeit und Kleidung brauche ich monatlich ungefähr 200 Euro, das ist aber sehr schwierig zu sagen. Ich gehe oft ins Theater und ins Kino, wirklich kosteninte­nsive Hobbys habe ich aber nicht.

„Eine Frage des Gehalts“: In dieser Serie widmen wir uns dem Thema aus Sicht unserer Leserinnen und Leser. Was steht auf dem Lohnzettel, wie viel bleibt übrig? Wenn auch Sie mit uns über Ihre Einnahmen und Ausgaben sprechen möchten, melden Sie sich mit einer Mail an:

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Sie hat Übersetzen studiert und mehrere Jahre in Osteuropa gelebt. Mittlerwei­le arbeitet unsere Gesprächsp­artnerin an einer Wiener Universitä­t als Projektman­agerin. Nebenbei gibt sie Sprachunte­rricht (Symbolbild).
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