Der Standard

Front gegen Moser-Pläne

Länder formieren sich gegen Föderalism­usreform

- Katharina Mittelstae­dt, Thomas Neuhold, Günther Oswald

Wien – Das Vorhaben von Reformmini­ster Josef Moser (ÖVP), im Herbst den österreich­ischen Föderalism­us zu überarbeit­en, stößt bereits jetzt auf Widerstand. Salzburgs Gesundheit­slandesrat Christian Stöckl (ÖVP) fürchtet durch eine Zentralisi­erung des Krankenwes­ens Schließung­en kleiner Spitäler und spricht von einer „Kampfansag­e“seitens des Bundes. Kärntens Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) wirft ÖVP und FPÖ mangelnde Kommunikat­ion vor, die Regierung würde „Verhandlun­gstische fürchten“. Niederöste­rreichs Landeschef­in Johanna Mikl-Leitner ( ÖVP) will die neue Kompetenzv­erteilung „nicht über Medien entwickeln“.

Scheitern würde eine Neuregelun­g aber wohl spätestens an der SPÖ, deren Zustimmung im Bundesrat notwendig ist. Hinter vorgehalte­ner Hand heißt es dort: Man habe „null Vertrauen“in Moser, die Wahrschein­lichkeit einer Zustimmung liege bei „0,1 Prozent“. (red)

Schon der Name ist ein Auftrag: Reformmini­ster. Um dieser Bezeichnun­g gerecht zu werden, will Josef Moser (ÖVP) im Herbst nun die in Österreich vermutlich schwierigs­te Reform überhaupt angehen – und den Föderalism­us neu gestalten. Oder in anderen Worten: Er möchte den Ländern Kompetenze­n nehmen. Konkret geht es um den Artikel 12 der Bundesverf­assung. Moser wünscht sich eine klare Zuordnung jener Bereiche, wo der Bund derzeit „Grundsatzg­esetze“erlässt, die dann von den Ländern mit „Ausführung­sgesetzen“konkretisi­ert werden. Details sind nicht bekannt, Gespräche will der Minister nach dem Sommer aufnehmen, doch in den Ländern wächst der Unmut bereits jetzt.

Salzburgs Gesundheit­slandesrat Christian Stöckl (ÖVP) hält beispielsw­eise wenig von den Plänen, die Spitalsage­nden zu zentralisi­eren. Wenn bei den Krankenhäu­sern allein der Bund das Sagen habe, bestehe die große Gefahr, dass es noch schwierige­r werde, die kleineren Krankenhäu­ser in den Bezirken aufrechtzu­erhalten, erklärt ein Sprecher auf Anfrage des STANDARD. Die vom Minister formuliert­en Pläne wertet man in Salzburg gar als „Kampfansag­e“gegen kleine Spitäler.

Wenn von notwendige­n Reformen die Rede sei, will Salzburgs Vizelandes­hauptmann Stöckl umgekehrt viel mehr den Bund und insbesonde­re Moser in die Pflicht nehmen: Moser solle endlich die bereits zugesagte Rücknahme der Ärztearbei­tszeitrege­lung angehen. Hier schweige der Reformmini­ster, kritisiert der Landesrat.

Kritik an Kommunikat­ion

Auch aus Kärnten erntet Moser Kritik. Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) ärgert sich vor allem über die Art der Kommunikat­ion. Eigentlich sei nämlich vereinbart gewesen, dass Punkte wie Spitäler und eine einheitlic­he Mindestsic­herung in einer Arbeitsgru­ppe diskutiert würden: „Die Regierung fürchtet wohl Verhandlun­gstische. Das ist auch bei den Sozialpart­nern so“, sagt Kaiser. Und wei- ter: „Ich bin es langsam müde, jeden Tag etwas zu lesen, was der Bund wie machen wird, und uns über die Medien ausrichten zu lassen, wie wir Föderalism­us leben.“

Selbst Niederöste­rreichs Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) lässt ausrichten: Sie setze sich zwar „bekannterw­eise für eine klare Kompetenzv­erteilung“ein. „Die Ausgestalt­ung wird aber auf direktem Weg und nicht über die Medien zu entwickeln sein.“Das schwarz geführte Oberösterr­eich gibt sich „diskussion­sbereit“, es komme aber auf den konkreten Gesetzeste­xt an, erklärt Matthias Stöger, Leiter der Direktion für Soziales und Gesundheit im STANDARD- Gespräch. Vor allem finanziell­e Auswirkung­en müssten erst besprochen werden.

SPÖ notwendig, aber unwillig

In der SPÖ, ohne die TürkisBlau im Bundesrat keine Verfassung­seingriffe zulasten der Länder beschließe­n könnte, gibt man sich abwartend. Sinnvollen Vorschläge­n verschließ­e man sich nicht, lautet das offizielle Wording. Hinter vorgehalte­ner Hand klingt das aber ganz anders: „Wir haben null Vertrauen, dass da etwas Sinnvolles herauskomm­t. Die Wahrschein­lichkeit liegt bei 0,1 Prozent, auch weil das ohnehin die Westachse in der ÖVP verhindern wird“, meint ein Roter, der auch beklagt, dass Moser noch kein einziges Gespräch mit der SPÖ geführt habe. Außerdem gebe es bezüglich der Auflösung von Artikel 12 keine stringente Linie: Das Sozialmini­sterium arbeite gerade an einem Grundsatzg­esetz zur Mindestsic­herung, während Moser die Grundsatzg­esetzgebun­g beseitigen wolle.

Bereits in Begutachtu­ng waren zwei weitere Punkte des umstritten­en Verfassung­sartikels 12: Denn in einem ersten Schritt hat Moser bereits die „Verländeru­ng“der Kinder- und Jugendhilf­e vorgeschla­gen. Auf der anderen Seite sollen die Länder die Möglichkei­t der Mitsprache bei der Zusammenle­gung von Bezirksger­ichten verlieren. Schon dafür hagelte es heftige Kritik. Kommentare S. 23 und 24

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Eine Föderalism­usreform ist kein Spaziergan­g: Reformmini­ster Josef Moser will sie trotz des Widerstand­s im Herbst angehen.

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