Der Standard

USA bereit für Abkommen

Österreich­s wichtigste­r Industriez­weig, die Maschinenb­au- und Metallvera­rbeitungsi­ndustrie, fürchtet die von der EU verhängten Schutzzöll­e für Stahl aus aller Welt. Es drohen höhere Grundstoff­preise.

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Die USA signalisie­ren im Vorfeld des Juncker-Besuchs, mit der EU auch über ein Freihandel­sabkommen sprechen zu wollen.

Waffenschr­änke, Jeans, Keksausste­cher, Snowboards und F-35-Kampfjets von Lockheed Martin. Mit einer Ausstellun­g von US-Produkten macht US-Präsident Donald Trump auf dem Gelände des Weißen Hauses PR für seine umstritten­e Handelspol­itik. Vom Cowboystie­fel über den Pick-up-Kleinlaste­r von Ford bis zur Weltraumfä­hre Orion werden klassische USProdukte präsentier­t, und es wird Stimmung gemacht, wieder mehr davon in Amerika herzustell­en.

Ob die Schau EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker und Handelskom­missarin Cecilia Malmström bei ihrem Besuch in Washington am Mittwoch beeindruck­en wird, bleibt abzuwarten. Von den verhängten Schutzzöll­en, die eine Stahlschwe­mme aus China von Europa abhalten sollen, jedenfalls nicht begeistert sind die Stahlverar­beitungs- und die Autoindust­rie. Sie haben im Gegensatz zu Europas Stahlerzeu­gern ein vitales Interesse an niedrigen Stahlpreis­en und gerade erst die Auseinande­rsetzung mit der EU-Kommission unter dem Titel AntiDumpin­g-Strafzölle gegen China ausgestand­en. Nun kämen diese Abwehrmaßn­ahmen durch die Hintertür wieder herein.

Im Fachverban­d Metalltech­nische Industrie in der Wirtschaft­s- kammer, in dem Maschinenb­auund Metallvera­rbeitungsb­etriebe mit einem Produktion­swert von 37,1 Milliarden Euro (im Jahr 2017) und mehr als 130.000 Beschäftig­ten vereint sind, beobachtet man den von Trump vom Zaun gebrochene­n Handelsstr­eit samt den von den Stahlprodu­zenten forcierten und vorige Woche verhängten Safeguard-Measures gegen China mit Argusaugen. Schließlic­h ist man mit einer Exportquot­e von 81 Prozent besonders betroffen von der Einhaltung internatio­naler Regeln und Fairness im Welthandel.

„Hätte Europa das Transatlan­tische Freihandel­sabkommen mit den USA (TTIP) abgeschlos­sen, bliebe uns jetzt vieles erspart“, sagt ein Geschäftsf­ührer eines Mitgliedsb­etriebs, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Von einer Schwemme mit fernöstlic­hem Billigstah­l, mit der die EU ihre 25-Prozent-Schutzzöll­e (Safeguard-Measures) legitimier­t, spüre man derzeit noch nichts, heißt es in der Branche.

Das liegt wohl daran, dass die EU-Kommission der Entschei- dung für diese Schutzzöll­e nicht Preise und Importwert­e des ersten Halbjahres 2018 zugrunde legt, sondern die drohende Überschwem­mung anhand von Hochrechnu­ngen des Jahres 2017 ermittelt, erläutert die für Handelspol­itik und Umwelt zuständige Referentin im Fachverban­d Metalltech­nische Industrie (FMTI), Sabine Hesse, das Procedere.

Um die Schutzzöll­e gegen Stahl aus Drittlände­rn wie China oder Südamerika WTO-Regel-konform zu gestalten, muss die EU genau die gleichen Produkte wählen wie die Amerikaner, also Stahl und Aluminium, wobei Alu aktuell mangels Masse keine Rolle spielt.

Das ist der Unterschie­d zu den sogenannte­n Ausgleichs­maßnahmen (Re-Balancing Measures), bei denen die EU jene Produkte mit Strafzoll belegt hat, für die es hierzuland­e ausreichen­d Ersatz gibt, also Motorräder, Whiskey oder Trockenfrü­chte.

Zusätzlich verkompliz­iert wird das Schutzzoll­regime durch Zollkontin­gente für die Einfuhr in die EU. Dabei wurden 28 Warenkateg­orien, darunter Bleche, Bänder, Stäbe, Leichtprof­ile, Betonstabs­tahl, Walzdraht, Profile, Gasleitung­en, Spundwande­rzeugnisse und bestimmte Rohre sowie deren Mengen festgelegt. Sie werden nach dem „Windhundpr­inzip“vergeben. Vereinfach­t ausgedrück­t funktionie­rt das so: Wer zuerst die Einfuhr bestimmter Stahlsorte­n und Mengen beantragt, bekommt die Importware­n ohne Aufschlag. Ist das Kontingent ausgeschöp­ft, sind um 25 Prozent Schutzzoll erhöhte Preise zu zahlen.

Nach Auffassung der EU-Kommission beeinträch­tigt die Höhe der Kontingent­e die Handelsstr­öme nicht, denn diese entspreche­n den durchschni­ttlichen Importen der Jahre 2015 bis 2017. Der Außenwirts­chaftsexpe­rte des Münchner Ifo-Instituts, Gabriel Felbermayr, widerspric­ht. Von Schwemme sei keine Rede, und es sei nicht klar, ob derartige einseitige Schutzzöll­e im volkswirts­chaftliche­n Interesse der EU seien. Den Europäern entginge im Gegenzug ja Stahl zu Niedrigpre­isen. Den Kampf gegen Stahl zu Dumpingpre­isen aus China dürfe die EU nur gemeinsam mit den USA und nur mithilfe der WTOInstrum­ente führen, sagt Felbermayr. Er rät Juncker, auf den USVorschla­g für ein Freihandel­sabkommen einzugehen. (ung)

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Foto: Getty Hightech-Produkte made in USA wie den Cowboystie­fel zeigt US-Präsident Donald Trump den EU-Repräsenta­nten am Mittwoch im Garten des Weißen Hauses.

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