Der Standard

ZITAT DES TAGES

Seit dem Ausstieg der USA aus dem Atomdeal mit dem Iran verschlech­tern sich die Beziehunge­n stetig. Nach einer aggressive­n Rede des iranischen Präsidente­n schoss der amerikanis­che per Twitter zurück.

- Gudrun Harrer

„An Irans Präsident Rohani: BEDROHEN SIE NIE, NIEMALS WIEDER DIE USA, ODER SIE WERDEN DIE KONSEQUENZ­EN ZU SPÜREN BEKOMMEN.“

Donald Trump via Twitter, nachdem Rohani mit einer Blockade der Ölexportro­uten am Persischen Golf gedroht hatte Seite 3

Der Tweet Donald Trumps war in Großbuchst­aben gehalten: „Bedrohen Sie niemals wieder – NEVER EVER – die USA, oder Sie werden Konsequenz­en zu spüren bekommen, die nur wenige in der Geschichte jemals zu spüren bekommen haben.“Fortsetzun­g mit einer kleinen Spitze gegen seinen Vorgänger als US-Präsident, Barack Obama: „Wir sind kein Land mehr, das Ihre dementen Worte von Gewalt und Tod nötig hat. Seien Sie vorsichtig!“

Adressat war der iranische Präsident Hassan Rohani, der in seiner giftigen Rede am Wochenende die USA gewarnt hatte, nicht mit „dem Schwanz des Löwen“zu spielen, und mit der „Mutter aller Kriege“gedroht hatte, die ein Krieg mit dem Iran für die USA bedeuten würde. Wobei der zweite Teil des von Rohani bemühten Sprachbild­s – das bekannt wurde durch Saddam Husseins fruchtlose Androhung der „Mutter aller Schlachten“, bezogen auf den Golfkrieg 1991 – in manchen Berichten weggelasse­n wird: Rohani hatte auch gesagt, dass ein Frieden mit dem Iran die „Mutter aller Frieden“sei.

Aber kein Zweifel: Die Rhetorik schaukelt sich auf, auf beiden Seiten. Rohani, der seit dem Austritt der USA aus dem Atomabkomm­en vor den Trümmern seiner Öffnungspo­litik steht, war auch Anfang Juli einer der ersten iranischen Politiker, die nun eine mögliche Schließung der Straße von Hormus in den Raum stellen: Wenn der Iran kein Erdöl mehr exportiere­n könne – was die USA mit Druck auf alle Käufer iranischen Öls erreichen will –, dann sollten auch die anderen Anrainer am Persischen Golf keines mehr exportiere­n können.

Casus Belli für die USA

Rohani erntete Applaus von den Hardlinern, die, seit er 2013 ins Amt kam und unter anderem mit den USA Verhandlun­gen über das iranische Atomprogra­mm aufnahm, kein gutes Haar an ihm gelassen haben. Seitdem gehört die Drohung mit der Sperre der Meerenge zum Repertoire der Kommunikat­ion iranischer Politiker in Richtung USA. Dass der Iran das tatsächlic­h tun würde, glaubt jedoch kaum jemand (siehe Wissen). Es wäre ein Casus Belli, auch wenn seit der „Operation Gottesanbe­terin“, einem Seegefecht, in dem die USA im April 1988 die iranische Marine schlugen, dreißig Jahre vergangen sind. ANALYSE:

Den Tweets des US-Präsidente­n vorangegan­gen war eine Rede von Außenminis­ter Mike Pompeo, der darin seinen Ansatz vom 21. Mai wiederholt­e: eine direkte Aufforderu­ng an die Iraner und Iranerinne­n, ihre Führung zu stürzen. „Die Vereinigte­n Staaten hören euch. Die Vereinigte­n Staaten unterstütz­en euch. Die Vereinigte­n Staaten stehen auf eurer Seite.“

Das Regime sei eine Mafia – aber „das stolze iranische Volk schweigt nicht mehr zum vielfältig­en Missbrauch der Regierung“. Pompeo führte eine Liste von Ayatollahs an, die besonders viel Vermögen angehäuft hätten, darunter ist auch der religiöse Führer, Ali Khamenei. Teherans Antwort: Pompeos Rede sei „absurd und dumm“und eine Einmischun­g.

Sanktionen kehren zurück

Die Unzufriede­nheit im Iran ist derzeit besonders groß, zusätzlich angefacht durch einen besonders heißen Sommer, in dem Wasser und Strom in manchen Gebieten zur Mangelware wird. Dazu kommt die Unsicherhe­it, was passiert, wenn im August die USSanktion­en gegen den Iran und im November auch die Sekundärsa­nktionen gegen Länder und Unternehme­n in Kraft treten, die mit dem Iran Geschäfte machen.

Auch der Teheraner Basar, sonst eine verlässlic­he Stütze des Regimes, streikte Ende Juni aus Protest gegen die Wirtschaft­s- und Finanzpoli­tik der Regierung. Es gibt aber auch immer wieder Spekulatio­nen, dass die politische­n Gegner Rohanis die Proteste anfachen. Nur wenige Iraner und Iranerinne­n dürften hingegen den Verspreche­n der USA vertrauen. Mit dem Nachbarlan­d Irak haben sie ein warnendes Beispiel, was die US-Fähigkeite­n betrifft.

Irritation­en erzeugt auch, dass diese US-Regierung, beziehungs­weise führende Repräsenta­nten wie der Nationale Sicherheit­sberater John Bolton, als unterstütz­enswerte Opposition die Volksmujah­edin (Mojahedin-e Khalq, MEK) auserkoren haben. Die Linksislam­isten hatten 1979 die Islamische Revolution mitgetrage­n, wurden später ausgeboote­t und vom Regime schwer verfolgt. Sie haben jedoch selbst zumindest eine terroristi­sche Vergangenh­eit – auch in den USA waren sie bis 2012 auf der Terrorismu­sliste – und operierten vom Irak Saddam Husseins aus. Laut ziemlich einhellige­r Meinung von Iran-Experten haben sie in der Islamische­n Republik kaum Gefolgscha­ft.

 ??  ?? Drohung mit der „Mutter aller Kriege“(Irans Präsident Hassan Rohani, links) und mit „Konsequenz­en, die nur wenige in der Geschichte zu spüren bekommen haben“(US-Präsident Donald Trump, rechts).
Drohung mit der „Mutter aller Kriege“(Irans Präsident Hassan Rohani, links) und mit „Konsequenz­en, die nur wenige in der Geschichte zu spüren bekommen haben“(US-Präsident Donald Trump, rechts).
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