Der Standard

ANKARA REAGIERT

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Mit Genugtuung haben türkische Regierungs­vertreter und ihre Medien erwartungs­gemäß auf die Rücktritts­erklärung von Mesut Özil reagiert. „Mesut, wir sind stolz auf dich“, schrieb die national-islamische Tageszeitu­ng Türkiye am Montag auf Deutsch auf ihre Titelseite und zeigte das umstritten­e Foto des deutschen Fußballspi­elers mit dem türkischen Staatschef Tayyip Erdogan bei dem Treffen im Mai.

Der Zeitungsti­tel war intelligen­ter, als er wohl gedacht war: Özils Unterstütz­er in der Türkei antwortete­n diesem auf Deutsch – es war eine ironische Retourkuts­che für die Deutschen, aber eben auch eine nicht beabsichti­gte Anerkennun­g von Özils Dilemma. Der Kicker aus Gelsenkirc­hen wanderte sein Leben lang zwischen zwei Nationalit­äten, stellte Mithat Fabian Sözmen, der Sportkomme­ntator der linken kritischen Tageszeitu­ng Evrensel, fest. Sözmen stammt selbst aus einer türkisch-deutschen Familie. Er erinnerte an das Länderspie­l zwischen Deutschlan­d und der Türkei in Berlin 2010. Damals skandierte­n die türkischen Fans: „Özil raus!“Für die Türken war Özil der „Verräter“– bis er sich mitten im jüngsten Wahlkampf neben Erdogan stellte.

„Wir unterstütz­en die ehrenhafte Haltung unseres Bruders Mesut Özil von Herzen“, twitterte Erdogans neuer Sportminis­ter Mehmet Kasapoglu noch am Sonntag. Das „schönste Tor gegen das Virus des Faschismus“, formuliert­e Justizmini­ster Abdülhamit Gül. (mab)

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