Der Standard

Viele Fragen vor dem großen Austrittsf­inale

Im Herbst sollte laut Zeitplan eine Einigung zwischen Brüssel und London unter Dach und Fach sein. Davon ist man allerdings noch weit entfernt.

- Manuela Honsig-Erlenburg

FRAGE & ANTWORT:

Frage: Wie ist der aktuelle Stand der Brexit-Verhandlun­gen? Antwort: Man arbeite zwar Tag und Nacht für eine Vereinbaru­ng, erklärte die EUKommissi­on vergangene Woche. Der Ausgang sei aber ungewiss. Auch der neue britische Außenminis­ter Jeremy Hunt hält das Risiko eines Scheiterns für „groß“(siehe oben). Mit einer Einigung wie geplant im Herbst rechnet keiner. Zwar hat Premier Theresa May eben ihr Weißbuch vorgestell­t. Doch zentrale Details sind weiter offen. Im März soll der Brexit vollzogen sein.

Frage: Was sind dabei die größten Brocken? Antwort: Vor allem in der Frage, wie eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland verhindert werden kann, hakt es. Die Briten wollen, dass es in Nordirland nach dem Brexit keine anderen Zollbestim­mun- gen gibt als im Rest Großbritan­niens. Das käme einer harten Grenze gleich. Auch eine Einigung zum Status der EU-Bürger fehlt.

Vom britischen Vorschlag für ein neues Zollsystem hält Brüssel wenig. Für Produkte, die aus Drittlände­rn in die EU gehen, will London EU-Zölle einheben – und eigene Zölle auf Waren für Großbritan­nien. Auch die EU soll unterschie­dliche Zollsätze einheben. Da das Thema wirtschaft­lich besonders heikel ist, räumte die EU-Kommission notfalls den Verbleib im EU-Binnenmark­t und in der Zollunion bis Ende 2020 ein.

Frage: Was passiert, wenn es zu einem Ausscheide­n ohne Deal kommt? Antwort: Die EU-Kommission hat die Behörden der Mitgliedst­aaten und die Wirtschaft bereits aufgeforde­rt, sich auf dieses Szenario vorzuberei­ten, und einige Folgen skiz- ziert. Beispielsw­eise hätten Bürger der EU und Briten keine Rechtssich­erheit, was ihren Aufenthalt­sstatus betrifft, der Flugverkeh­r wäre stark betroffen, da Großbritan­nien nicht mehr Teil des Luftverkeh­rsabkommen wäre. Nach dem Rausfall aus der Zollunion wären außerdem enorme Schäden für die Wirtschaft zu befürchten.

Frage: Wie realistisc­h ist ein Exit vom Brexit? Antwort: Das Austrittsa­nsuchen zurückzuzi­ehen wäre – und auch das ist umstritten – juristisch zwar möglich, müsste aber im EU-Rat gebilligt und in allen Parlamente­n ratifizier­t werden. Ob und wie ein Exit vom Brexit in Großbritan­nien politisch durchzuset­zen wäre, ist ebenfalls mehr als fraglich. Rechtlich dazu verpflicht­et, das Ergebnis des Referendum­s umzusetzen, ist die Regierung in London jedenfalls nicht.

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