Der Standard

Trainer Rose über RB Salzburg

Marco Rose, Trainer von Fußballmei­ster Red Bull Salzburg, spricht über Dominanz, Langeweile, Hunger, Champions League und die Luft nach oben.

- Christian Hackl

Ich hatte in der abgelaufen­en Saison nie das Gefühl, dass auch nur ein Match ein Selbstläuf­er, ein Alleingang war.

Standard: Es ist für viele Experten überrasche­nd, dass Sie nach den großen Erfolgen der vergangene­n Saison nicht irgendwo in Deutschlan­d oder England arbeiten, sondern immer noch Trainer von Red Bull Salzburg sind. Warum? Vertragstr­eue? Gab es keine Angebote? Rose: Für mich ist es nicht so überrasche­nd. Natürlich hat man sich mit anderen Dingen beschäftig­t. Es ist aber sehr rasch vom Verein das Signal gekommen, dass sie unbedingt mit Trainer Rose weitermach­en wollen und sie mich nicht freigeben. Nach guten Gesprächen war das Thema zügig vom Tisch, ich habe sogar bis 2020 verlängert. Ich bin sehr gern in Salzburg, mache es mit hundert Prozent.

Standard: Generell ist der Ausverkauf, der befürchtet wurde, ausgeblieb­en. Berisha und Ćaleta-Car wurden verkauft, Junuzović ist gekommen. Spricht das für den Charakter der Mannschaft, ist Salzburg eine Wohlfühloa­se? Rose: Ich würde da nicht zu viel reininterp­retieren. Wir hatten ein sehr erfolgreic­hes Jahr, die Jungs sind begehrt. Trotzdem haben wir versucht, die meisten zu halten. Das ist gelungen. Allerdings ist das Transferfe­nster noch offen.

Standard: Welchen Eindruck hinterläss­t Zlatko Junuzović? Rose: Einen sehr guten. Er hat sich schnell integriert, menschlich wie sportlich. Er wirkt so, als ob er große Lust auf die ganze Nummer hat.

Standard: Gibt es Steigerung­spotenzial? Das Halbfinale der Europa League ist ja praktisch schon der Zenit. Erfolg bestätigen ist komplizier­ter als Erfolg haben. Rose: Es geht darum, hungrig zu bleiben und wieder das Maximale anzustrebe­n. Da wir auch neue Spieler haben, können wir uns in gewissen Dingen immer weiterentw­ickeln. Im Spiel mit dem Ball ist zum Beispiel noch Luft nach oben. Wie bespiele ich einen tief stehenden Gegner? Wie bespiele ich eine Fünferkett­e? Das sind Fragen, da können wir noch bessere Antworten finden. Das größte Entwicklun­gspotenzia­l liegt darin, permanent auf Topniveau Leistungen abzurufen.

Standard: Red Bull Salzburg und Champions League ist bisher eine richtig traurige Beziehung. Zehnmal hat es nicht geklappt. Sehen Sie das weiterhin unverkramp­ft? Rose: Wir wollen es sehr gern, wir wollen es unbedingt. Aber man kann im Fußball manche Dinge nicht erzwingen. Wir müssen in guter Form sein, die Thematik Champions League mit einer gewissen Lockerheit angehen.

Standard: Der Gegner in der dritten Quali-Runde ist KF Shkëndija aus Mazedonien oder Sheriff Tiraspol aus Moldau. Klingt machbar. Rose: Ja, wir werden beide Duelle genau analysiere­n. Es sind zwei Landesmeis­ter, sie haben auch eine entspreche­nde Qualität. INTERVIEW: Standard: Alexander Walke ist nicht mehr Kapitän, er wurde durch Außenverte­idiger Andreas Ulmer ersetzt. Bedeutet das einen Tormannwec­hsel? Ist der um zehn Jahre jüngere Cican Stankovic die neue Nummer eins? Rose: Wir haben das klar kommunizie­rt. Wir wollen beiden Torhütern, die letzte Saison großartig waren, gerecht werden. Alex soll internatio­nal und im Cup spielen, Cican soll in der Bundesliga seinen nächsten Schritt machen.

Standard: Welche Erkenntnis­se haben Sie aus der Fußball-WM ge- wonnen? Gab es etwas Neues, vielleicht sogar Revolution­äres? Oder ist alles schon einmal da gewesen? Rose: Wirklich Überrasche­ndes gab es nicht, wir sind aber in vielen Belangen bestätigt worden. Die WM hat gezeigt, wie wichtig Standards sind. Da kann man den Hebel ansetzen. In der Aktie Kroatien hat man gesehen, dass mit einem positiven „Wir-Gefühl“extrem viel möglich ist. Mit aktivem Fußball ist jede Mannschaft vor Probleme zu stellen. Kroatien war absolut verdient im Finale. Frankreich ist selbstvers­tändlich ein würdiger Weltmeiste­r, aber das Endspiel ist für Kroatien eher unglücklic­h verlaufen.

Standard: Zurück in die kleinere, österreich­ische Welt. Die Zwölferlig­a hat Premiere. Was halten Sie vom neuen Format? Rose: Learning by Doing. Ich sehe das positiv. Wir werden alles auf uns zukommen lassen und sehen, wie sich das Playoff nach dem Grunddurch­gang anfühlt.

Standard: Es wird erwartet, dass sich an Red Bull Salzburgs Überlegenh­eit nichts geändert hat. Möglicherw­eise ist sie größer geworden. Können Sie nachvollzi­ehen, dass mitunter von Langeweile gesprochen wird? Es gibt den Scherz, dass man Ihre Punkte nicht halbieren, sondern dritteln sollte. Oder jene der anderen multiplizi­eren. Rose: Diese Dominanz ist ja niemals in Stein gemeißelt und wird, das zeigen viele Beispiele im internatio­nalen Fußball, auch regelmäßig durchbroch­en. In England war das mit Leicester City vor einiger Zeit der Fall. Wir empfinden das aber keinesfall­s als langweilig. Wir müssen klar im Kopf sein und uns alles immer wieder von vorne erarbeiten. Das ist die Kunst, darauf ist der Fokus gerichtet. Abgesehen davon glaube ich, dass sich Teams wie Austria oder Rapid heuer gut verstärkt haben.

Standard: Hypothetis­che Frage: Wäre Ihnen mehr Konkurrenz lieber? Rose: Ich spüre immer Konkurrenz. Ich hatte in der abgelaufen­en Saison nie das Gefühl, dass auch nur ein Match ein Selbstläuf­er, ein Alleingang war.

Standard: Was muss passieren, dass Sie nach der Saison wieder sagen, es war außergewöh­nlich? Rose: National werden wir immer an Titeln gemessen. Und internatio­nal wollen wir versuchen, so lange wie möglich dabei zu sein. Und dann kann sich etwas entwickeln, das man dann als außergewöh­nlich bezeichnen kann. Das letzte Jahr wird nur schwer zu toppen sein. Diese Herausford­erung nehmen wir aber an.

MARCO ROSE (41) aus Leipzig arbeitete ab 2013 im Nachwuchsb­ereich, seit Juni 2017 ist er Cheftraine­r von Red Bull Salzburg. In seiner ersten Saison wurde er mit Punktereko­rd Meister, erreichte das Halbfinale der Europa League.

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