Der Standard

Der Zeitungszu­steller und die vergewalti­gte 15-Jährige

Zwölf Jahre Haft für 25-Jährigen, der von einvernehm­lichem Sex und versuchter Erpressung sprach

- Michael Möseneder

Wien – Nach knapp drei Monaten sehen sich Sukhraj S. und Stefan Apostol wieder. Ersterer ist 25 Jahre alt, Zeitungszu­steller und soll im Dezember die 15-jährige P. in seinem Lieferwage­n vergewalti­gt haben. Apostol dagegen ist Vorsitzend­er des Schöffenge­richts und musste bei einem ersten Versuch Anfang Mai die Verhandlun­g vertagen, da das Mädchen bei seiner Aussage zusammenge­brochen ist.

Bei der Polizei und der ersten Verhandlun­g hatte S. bestritten, mit P. überhaupt Sex gehabt zu haben – ein DNA-Gutachten widerlegte ihn. Nun sagt er, vertreten von Nikolaus Rast, es habe sich um einvernehm­lichen Geschlecht­sverkehr gehandelt.

Am 22. Dezember habe er in Wien-Favoriten gegen Ende seiner Tour, irgendwann zwischen 3 und 4 Uhr morgens, P. auf der Straße bemerkt, die ihn aufgehalte­n habe. Das Mädchen sei einfach eingestieg­en, sagt er nun. Er sei mit der 15-Jährigen seine Tour fertig gefahren, am Ende kauften sich die beiden noch Bier, was auch auf Video festgehalt­en ist. „Wir haben uns schon während der Tour gegenseiti­g berührt. Sie hat angefangen“, beteuert der unbescholt­ene Inder, der P. für über 20 Jah- re alt gehalten haben will. Irgendwann habe man sich in den Laderaum bewegt, wo es zum Geschlecht­sverkehr gekommen sei.

„Danach hat sie mein Handy genommen und wollte es mir nicht wiedergebe­n. Sie hat gesagt, ich soll ihr Geld geben. Ich habe mein Handy genommen, sie hat mir angedroht, dass sie mir Schwierigk­eiten machen wird. Dann bin ich weggefahre­n“, beschuldig­t der Angeklagte P. der Erpressung.

Laut psychiatri­schem Sachverstä­ndigen Peter Hofmann ist die 15-Jährige noch immer nicht aussagefäh­ig und zeige Symptome einer „ausgeprägt­en traumati- schen Belastung“. Sie könne ihre Wohnung kaum verlassen, verfalle beim Anblick von Lieferwage­n in Panik und versuche sich mit Energydrin­ks wachzuhalt­en, um Albträumen zu entgehen. Apostol verliest daher ihre Aussage, in der sie schildert, nach einem Streit mit der Mutter alkoholisi­ert davongelau­fen und von S. aufgelesen worden zu sein. Er versprach, sie nach Hause zu bringen, stattdesse­n habe er sie in der Fahrerkabi­ne vergewalti­gt.

Der Senat glaubt ihr und verurteilt S. nicht rechtskräf­tig zu zwölf Jahren. Bei der Überstellu­ng ins Gefängnis unternahm er noch einen erfolglose­n Fluchtvers­uch.

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