Der Standard

Mit dicken Autos lässige Leute finden

Die Polizei wählt seit etwa einem Jahr bei der Personalsu­che eine neue Strategie: Auf Sportevent­s und sogar auf der Maturareis­e wird der Beruf jungen Menschen nähergebra­cht. Das finden nicht alle gut.

- Lara Hagen

Die Polizei hat ein Problem. Das gibt sie auch ganz offen zu: „Leider ist Rekrutieru­ng nicht mehr so einfach wie früher, als man sich durch Säcke voller Bewerbunge­n wühlen und die besten Bewerber aussuchen konnte.“Der Satz ist auf der Website des Bundesmini­steriums für Inneres zu lesen, in einem Artikel über neue Wege in der Personalsu­che.

Bewerber gebe es zwar nach wie vor genug, ihre Qualität lasse aber teilweise zu wünschen übrig, sagt der Kommunikat­ionschef des Innenminis­teriums, Alexander Marakovits. „Unser Motto ist es, die Besten der Besten zu finden. Die Leute müssen sportlich sein, aber auch Empathie zeigen und die rechtliche­n Materie kennen. Es ist ein vielfältig­er Beruf, für den man viel mitbringen muss.“

Letztes Jahr habe man deswegen beschlosse­n, beim Recruiting anzusetzen und die Personalsu­che zu modernisie­ren. „Wir haben uns angesehen, was die Polizei bisher gemacht hat. Da ist uns aufgefalle­n, dass das nicht gerade viel war“, sagt Marakovits. Statt nur Inserate in Zeitungen zu schalten – was noch immer gemacht wird, etwa auch im bereits mehrfach vom Presserat verurteilt­en Wochenblic­k –, gehe man nun dorthin, wo die Zielgruppe ist: „Sportliche, lässige junge Menschen.“

Kritik aus eigenen Reihen

Infostände zum Polizeiber­uf habe es beispielsw­eise bei der Formel 1 in Spielberg gegeben, beim Erzbergrod­eo, aber auch auf einer Maturareis­e in Kroatien. Und als Recruiting­maßnahme dient auch der am Wochenende von KTM an den Generalsek­retär des Innenminis­teriums übergebene Sportwagen: 300 PS stark und 100.000 Euro teuer. „Bewirb dich. Jetzt“, ist auf der Tür zu lesen.

Kritik an der neuen Strategie – die, wie Marakovits betont, ohne externe Berater erarbeitet wurde – blieb nicht aus. Der oberste Polizeigew­erkschafte­r Reinhard Zimmermann meinte etwa, dass mit einer Mär geworben werde, wenn man Luxusautos zeige.

Für Marakovits erfolgte die Kritik „zu Unrecht“. Der Besuch bei der Maturareis­e sei eine der erfolgreic­hsten Veranstalt­ungen überhaupt gewesen. Und das Fahrzeug sei das billigste Werbemitte­l, dass es gebe. „Das wird fotografie­rt, die Leute sprechen darüber und teilen das auf Social Media. Genau das wünschen wir uns.“

Am wichtigste­n sei aber das persönlich­e Gespräch – und die Formulare, die von Interessen­ten ausgefüllt werden. 500 bis 1000 Rückmeldun­gen gebe es pro Veranstalt­ung. „Das Konzept funktionie­rt, sonst hätten wir es bereits wieder verworfen.“

Zu einem etwas anderen Befund kommt Bernhard Heinzlmaie­r, Mitbegründ­er des Instituts für Jugendkult­urforschun­g. Für ihn wirke das Werben eher wie eine „Verzweiflu­ngstat“, was er aber nachvollzi­ehen könne, schließlic­h sei die Polizei, was den Nachwuchs angeht, in einer wirklichen Notsituati­on. Ähnlich wie beim Bundesheer ziehe man Menschen eines spezifisch­en Gesellscha­fts- milieus an, „und zwar eher die Underdogs als die Akademiker“.

Die aktuelle Strategie erinnere ihn an die 1950er-Jahre: junge Menschen mit Konsumange­boten locken. „Damals warb etwa die Jungschar mit dem Besuch von Ferienlage­rn, wenn man sich anschließt. Das ist purer Materialis­mus, aus idealistis­chen Gründen kommt da niemand zur Polizei.“

Genau das müsse aber das Ziel sein. Und: eine bessere Durchmisch­ung. „Autoritäre, hierarchis­che Organisati­onsstruktu­ren, die bei Bundesheer und Polizei sicher notwendig sind, kommen in diesen Zeiten bei besser Gebildeten nicht gut an. Da müsste man sich etwas überlegen.“Damit nicht nur pure Nutzenmaxi­mierer kommen, empfiehlt Heinzlmaie­r auch, die sogenannte­n „Postmateri­alisten“zu suchen und anzusprech­en. Für sie zählt Moral mehr als Status. „Ihnen müsste man erklären, was die Polizei für den Zusammenha­lt der Gesellscha­ft tut. Da gibt es ja eine Reihe an verdienstv­ollen Dingen.“

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Ein Porsche als Werbemitte­l: Auch das ist Teil der neuen und moderneren Personalsu­che bei der Polizei.

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