Der Standard

Chinas Onlinehänd­ler in Offensive

Die großen chinesisch­en Internethä­ndler sehen sich zunehmend in Europa um. Das könnte auch die österreich­ischen Shops auf die Probe stellen. Sie fühlen sich schon länger von zollfreien Paketen gestört.

- Jakob Pallinger

Haben Sie schon einmal etwas von JD.com gehört? In Europa weitgehend unbekannt, gehört die Plattform in China mittlerwei­le zum Alltag: Mehr als 260 Millionen Menschen nutzen die Website regelmäßig, bestellen sich Laptops, Fernseher oder Lebensmitt­el, die per Drohne nach Hause geliefert werden. Im vergangene­n Jahr war JD noch vor Alibaba der umsatzstär­kste Onlinehänd­ler in China, jetzt plant das Unternehme­n auch groß in Europa einzusteig­en. Bis Ende des Jahres soll die Strategie zur Erschließu­ng des Marktes stehen, in Frankreich und Deutschlan­d sollen die ersten Logistikze­ntren aufgebaut werden, kündigte JD-Chef Richard Liu gegenüber dem Handelsbla­tt an.

Für den österreich­ischen Handel könnte das in Zukunft noch härtere Konkurrenz aus dem Ausland bedeuten. Denn schon jetzt sehen sich Kunden lieber auf ausländisc­hen Marktplätz­en um: Rund 7,2 Milliarden Euro geben die Österreich­er im Jahr im Onlineeinz­elhandel aus. Mit 57 Prozent fließt mehr als die Hälfte der Ausgaben an ausländisc­he Anbieter, heißt es in einer Studie des Handelsver­bands.

Größter Profiteur war bisher Amazon: Mehr als 620 Millionen Euro macht das Unternehme­n allein in Österreich Umsatz. Weit abgeschlag­en dahinter folgen Zalando, Universal und Otto. Mit den chinesisch­en Onlinehänd­lern JD und Alibaba könnten bald zwei neue Gegner hinzukomme­n. Zweiterer versendet schon jetzt rund 80 Prozent aller Pakete aus China in die EU.

„Der chinesisch­e Onlinehand­el wird auch dem stationäre­n Handel wehtun. Onlinehänd­ler, die sich in ihrer Nische spezialisi­ert haben, haben größere Vorteile gegenüber den großen Versandhäu­sern“, meint Martin Sonntag, Obmann des Versand- und Internetha­ndels bei der Wirtschaft­skammer Österreich (WKO).

Die chinesisch­en Versandhän­dler sind der heimischen Branche schon jetzt ein Dorn im Auge: Denn 97 Prozent der 560 Millionen Päckchen, die jedes Jahr aus China in Europa ankommen, sind völlig steuer- und zollbefrei­t, kritisiert der Handelsver­band. Bis zu einem Wert von 22 Euro sind keine Steuern fällig, Onlinehänd­ler würden diese Freigrenze ausnutzen und Produkte bewusst falsch deklariere­n. Für Österreich entstehe dadurch ein Schaden von mehr als 120 Millionen Euro. Zwar will die EU die Steuerbefr­eiung 2021 wieder abschaffen, das sei laut Handelsver­band aber bereits zu spät, um einen Schaden für den Handel abzuwenden.

Niedrigste­r Preis zählt

„Die österreich­ischen Onlinekund­en sind wenig loyal, viele gehen nur nach dem niedrigste­n Preis“, meint Sonntag. Insofern könnten sich Shopper wohl auch schnell an die neuen chinesisch­en Namen gewöhnen, sofern der Preis und das Angebot stimmen.

Dass die chinesisch­en Onlinehänd­ler auf diesem Gebiet leicht mit Amazon mithalten können, haben sie bereits im eigenen Land bewiesen. Dort haben sie nicht nur eine Handelspla­ttform, sondern ein ganzes Ökosystem an Produkten und Leistungen geschaffen: Alibaba bietet neben seiner Einkaufspl­attform auch den Bezahldien­st Alipay an, JD wiederum verknüpft seinen Versandhan­del mit dem multifunkt­ionalen sozialen Netzwerk Wechat, mit dem ebenfalls Einkäufe bezahlt werden können. Ganz nebenbei sammelt JD damit auch Daten seiner Kunden, um dann individual­isierte Angebote machen zu können.

Händler wie Otto und Zalando geben sich auf Nachfrage derzeit noch gelassen und abwartend. Zuerst müssen sich Alibaba und JD die nötige Infrastruk­tur und Logistik sichern und Produkte präsentier­en, heißt es. Mit Zukäufen liebäugelt JD-Chef Liu jedenfalls bereits: „Wenn wir eine gute Chance sehen, dann nutzen wir sie.“

In Österreich sind die Einkäufe bei heimischen Onlineshop­s indes weiter rückläufig. Die Antwort auf Amazon ist mit Shöpping.at bisher eher leise ausgefalle­n. Nur knapp 500 Anbieter sind auf der Plattform derzeit aktiv.

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Bisher konzentrie­rt sich das Geschäft des chinesisch­en Internetgi­ganten JD hauptsächl­ich auf den Heimatmark­t, wo das Unternehme­n mehr als 150.000 Mitarbeite­r beschäftig­t. Mit Logistikze­ntren und Büros will man sich künftig auch einen Teil des europäisch­en Marktes sichern.

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