Der Standard

Viele Hürden für Viertagewo­che

Schon jetzt gibt es viele Kollektivv­erträge, die eine Viertagewo­che ermögliche­n würden – in der Praxis ist sie aber noch die Ausnahme.

- Günther Oswald

Die Gewerkscha­ft will sich für das Vorgehen der türkis-blauen Bundesregi­erung beim Zwölfstund­entag revanchier­en: Weil man in die Ausgestalt­ung des Gesetzes, das bereits im September in Kraft tritt, nicht eingebunde­n gewesen sei, wolle man bei den im Herbst anstehende­n Kollektivv­ertragsver­handlungen „Spielregel­n durchsetze­n, zum Beispiel den immer wieder versproche­nen Anspruch auf eine Viertagewo­che als Ausgleich – im Gesetz steht kein Wort davon“, sagte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian, wie berichtet, am Montag.

der STANDARD hat sich daher angesehen, unter welchen Voraussetz­ungen es derzeit Vierttagew­ochen gibt. Zunächst: Geregelt ist das Ganze schon im Arbeitszei­tgesetz. Dort steht (siehe Wissen), dass die Normalarbe­itszeit per Betriebsve­reinbarung von acht auf zehn Stunden angehoben werden kann, „wenn die gesamte Wochenarbe­itszeit regelmäßig auf vier Tage verteilt wird“. Dieser Passus bezieht sich aber eben nur auf Zehnstunde­n- und nicht auf Zwölfstund­entage.

Neben der gesetzlich­en Regelungen enthalten auch jetzt bereits zahlreiche Kollektivv­erträge Bestimmung­en zur Viertagewo­che. Das gilt sowohl für große Branchen wie den Handel, aber auch den Gewerbe-KV, jenen für Straßenges­ellschafte­n, Erwachsene­nbildung oder Speditione­n, wie Karl Dürtscher von der Gewerkscha­ft der Privatange­stellten (GPA) erklärt.

Freie Tage variabel

Im KV für Handwerk und Gewerbe ist beispielsw­eise auch schon bisher enthalten, dass die „Arbeitszei­t durch die Leistung von Überstunde­n auf bis zu zwölf Stunden“ausgedehnt werden darf, wenn die Mitarbeite­r nur an vier Tagen pro Woche arbeiten.

Üblich ist es, dass die vier Tage am Stück geleistet werden, das ist allerdings kein Muss. Es könnte also auch vereinbart werden, dass der Mittwoch der freie Tag ist. Zwingend ist auch nicht, dass die Viertagewo­che einheitlic­h im ge- samten Unternehme­n zur Anwendung kommt. GPA-Experte Dürtscher: „Man kann vereinbare­n, dass es in der Verwaltung eine Viertagewo­che gibt, in der Produktion oder im Vertrieb aber an fünf Tagen gearbeitet wird.“

Gibt es eine Betriebsve­reinbarung, heißt das auch nicht automatisc­h, dass alle Mitarbeite­r am gleichen Tag frei haben. Ein Teil der Belegschaf­t könnte also am Montag frei haben, ein Teil am Dienstag und so weiter. Die Viertagewo­che ist also nicht automatisc­h mit einer Verkürzung der Betriebsze­iten verbunden.

Muss- statt Kann-Bestimmung

Worin läge nun der Unterschie­d zur aktuellen Regelung, wenn Katzian jetzt auf einen Ausbau der Viertagewo­che drängt? Derzeit handle es sich in den Kollektivv­erträgen um Kann-Bestimmung­en. In der Praxis werden diese aber nur sehr selten angewandt, sind sich Gewerkscha­ft und Wirtschaft­skammer einig.

Da nicht alle Betriebsve­reinbarung­en von der Gewerkscha­ft sta- tistisch erfasst werden, gibt es zwar keine konkreten Zahlen, aber, wie es Dürtscher formuliert: „Ein Massenphän­omen ist die Viertagewo­che derzeit nicht.“

Nun, da die tägliche Höchstarbe­itszeit von zehn auf zwölf Stunden angehoben wird, wolle man in den Kollektivv­erträgen Muss-Bestimmung­en aushandeln, präzisiert Dürtscher die Katzian-Ansage.

In der Wirtschaft­skammer will man die Aussagen des neuen ÖGB-Präsidente­n nicht näher kommentier­en. Der von WKOPräside­nt Harald Mahrer installier­te Generalsek­retär Karlheinz Kopf verweist auf STANDARD- Anfrage auf den gesetzlich­en Rahmen und fügt hinzu: „Die konkrete Ausgestalt­ung ist Thema der KV-Verhandler und innerbetri­eblicher Vereinbaru­ngen.“Man setze „weiterhin darauf, dass die zuständige­n Verhandler und die innerbetri­eblichen Sozialpart­ner innerhalb dieses Rahmens, wie in der Vergangenh­eit, im Herbst zu guten Lösungen kommen werden.“

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N: Fatih Aydogdu Illustrati­o

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