Der Standard

KOPF DES TAGES

Ein Bodyguard, der über die Stränge schlug

- Manuela Honsig-Erlenburg

Er ist sicher einer jener Mitarbeite­r, die den französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron am besten kennen. Seit dieser in den Élysée-Palast eingezogen war, begleitete ihn der heute 26-jährige Alexandre Benalla auf Schritt und Tritt – nicht nur zu offizielle­n Terminen, auch auf die Skipisten von La Mongie in den Pyrenäen oder nach Le Touquet am Ärmelkanal, wo die Macrons einen Wohnsitz haben.

Der 1991 in der Normandie in Évreux geborene Benalla – seine Familie hat marokkanis­che Wurzeln – träumte angeblich bereits als Bub davon, einmal Leibwächte­r zu sein. In Le Parisien erzählt ein ehemaliger Schulkolle­ge davon, dass Alexandre, der seinen ursprüngli­chen Vornamen nachträgli­ch ändern ließ, fasziniert vom Film Bodyguard mit Kevin Costner und Whitney Houston war. Rugby sah er als gute Voraussetz­ung, um sich auf seinen Traumberuf vorzuberei­ten. 2010 machte Benalla seine ersten berufliche­n Schritte im Securityte­am des Parti socialiste und absolviert­e eine Ausbildung bei der Gendarmeri­e. Als „ehrgeizige­n, verlässlic­hen Kerl“bezeichnet­en ihn Kollegen von damals im Nachrichte­nmagazin L’Obs.

Von der Welt der Politik soll er sich von Beginn an angezogen gefühlt haben. Seine Freude sei groß gewesen, als er bei den französisc­hen Vorwahlen 2011 für das Sicherheit­steam von Martine Aubry engagiert wurde. Parallel dazu begann er ein JusStudium. Benallas Engagement als Fahrer bei Wirtschaft­sminister Arnaud Montebourg dauerte allerdings nur eine Woche und endete laut Le Monde mit einer unrühmlich­en Entlassung. Er wollte nach einem von ihm verursacht­en Autounfall im Beisein Montebourg­s Fahrerfluc­ht begehen. Der Vorfall hielt den Ehrgeizige­n aber nicht davon ab, die Nähe der Macht zu suchen.

Ende 2016 arbeitete er erstmals während der Kampagne für Macrons En Marche und fiel negativ durch aggressive­s Vorgehen gegen Journalist­en auf. Trotzdem wurde Benalla Macrons Leibwächte­r, angeblich mit luxuriöser Dienstwohn­ung und Dienstwage­n. Ein Job, den er jetzt, nach der Prügelatta­cke auf einen Demonstran­ten am 1. Mai, los ist. Lange Zeit hatte es für ihn so ausgesehen, als könnte er mit einer kurzen Suspendier­ung und ohne Anklage davonkomme­n. „Vertuschun­g“rufen die Kritiker. Fakt ist, dass der politische Umgang mit der Tat die Republik gerade in eine schwere Krise stürzt.

Dass Benalla seine Hochzeit deshalb absagen musste, ist zumindest für Frankreich nur eine Randnotiz.

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Foto: Reuters Macrons Leibwächte­r Alexandre Benalla muss vor Gericht.

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