Der Standard

Gekürzte Geldmittel

Italiens Innenminis­ter Matteo Salvini meint, dass rund 20 Euro pro Tag genug sein müssen für die Versorgung von Migranten, die auf ihren Bescheid warten. Gelder der EU lehnt er ab: „Wir brauchen keine Almosen, sondern Würde.“

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Geht es nach Italiens Innenminis­ter Matteo Salvini, müssen Migranten mit rund 20 Euro pro Tag auskommen. Unterstütz­ung der EU lehnt er ab.

Scheinbar mühelos behält Matteo Salvini – obwohl er „nur“Innenminis­ter ist – die Kontrolle über alles, was in der italienisc­hen Regierungs­politik geschieht. Seit seiner Vereidigun­g Anfang Juni beherrscht er mit seiner Ausländerp­olitik tagtäglich die Schlagzeil­en.

Nach der Verweigeru­ng der Anlandung von Flüchtling­sschiffen in italienisc­hen Häfen will der streitbare Innenminis­ter und Anführer der rechten Lega nun die staatliche­n Finanzleis­tungen für Flüchtling­e drastisch kürzen – nämlich fast halbieren. Die derzeit 136.000 Asylsuchen­den sollten künftig italienisc­hen Medienberi­chten zufolge nur noch rund 20 Euro täglich erhalten – bisher waren es zwischen 30 und maximal 45 Euro. Insgesamt schlagen die aktuellen Belastunge­n mit rund drei Milliarden Euro zu Buche.

Doch damit nicht genug: Auch den Zugang zu Integratio­nsleistung­en – darunter sind unter anderem Sprachkurs­e, berufsbild­ende Maßnahmen sowie psychologi­sche Betreuung zu verstehen – will Salvini auf ein Minimum reduzieren. Sie sollten in erster Linie solchen Menschen vorbehalte­n sein, die bereits einen positiven Asylbesche­id erhalten haben.

„Dinge ändern sich“

Motto: „Mehr Kontrollen und weniger Ausgaben.“Im Bereich der Migrations­politik gebe es nach nicht einmal zwei Monaten Regierungs­verantwort­ung bereits konkrete Ergebnisse, tönte er sichtlich selbstzufr­ieden: „Endlich beginnen sich Dinge zu ändern.“

Asylsuchen­de in Italien müssen oft mehr als zwei Jahre in eigenen Aufnahmeze­ntren auf ihren Bescheid warten.

Mit seiner Ankündigun­g stellt sich Salvini einmal mehr gegen internatio­nale Interessen und Abmachunge­n. Erst vor wenigen Wochen hatten sich die Vereinten Nationen (Uno) – unter den Staaten auch Italien – erstmals auf einen „globalen Migrations­pakt“geeinigt, der Flüchtling­en und anderen Migranten Zugang zum sozialen Sicherungs­system des jeweiligen Landes gewähren soll. Salvini nützt allerdings für Italien den Umstand, dass man sich nicht darauf einigen konnte, dieses Abkommen verbindlic­h zu machen.

Die italienisc­he Regierung stellt sich auch explizit gegen die Vorschläge der EU-Kommission zu den sogenannte­n Ausschiffu­ngsplattfo­rmen in Drittstaat­en und Kontrollze­ntren für aus dem Mittelmeer gerettete Flüchtling­e. Die Kosten dafür sollen laut Brüsseler Idee aus dem EU-Budget bestritten werden. Dagegen sprach sich am Mittwoch der italienisc­he Premier Giuseppe Conte aus. „Für Italien war es nie eine Frage des Geldes. Die europäisch­e Solidaritä­t im Umgang mit der Flüchtling­sproblemat­ik hat keinen Preis.“

„Keine Almosen“

„Italien braucht keine Almosen“, ergänzte Salvini in bekannt markiger Ausdrucksw­eise, „wir verlangen kein Geld, sondern Würde. Und diese werden wir uns mit den eigenen Händen zurückhole­n.“Jeder Asylsuchen­de koste Italien im gesamten Zeitraum zwischen 40.000 und 50.000 Euro, so der Chef der rechten Lega. Die 6000 Euro aus dem Brüsseler Topf, die pro Flüchtling kalkuliert würden, habe Italien nicht nötig, vielmehr solle man der Regierung in Rom helfen, die Zahl der Ankommende­n zu stoppen, um die bereits in Italien Gelandeten endlich „abarbeiten“zu können.

Kritik an der EU-Kommission kam am Mittwoch nicht nur aus Rom, sondern auch von der Menschenre­chtsorgani­sation Amnesty Internatio­nal (AI). Sie sieht die Pläne für Ausschiffu­ngsplattfo­rmen und Kontrollze­ntren als Fortsetzun­g einer schon bisher verfehlten Migrations­politik. „Die Vorschläge sind eine Blaupause für eine gefährlich­e Ausweitung der europäisch­en Politik, die zu unsägliche­m Leid und Menschenre­chtsverlet­zungen im Mittelmeer­raum führt“, erklärte AIKampagne­nleiter Fotis Filippou in einer Presseauss­endung. (APA, AFP, gian)

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Schon seit Tagen demonstrie­rt die Bewegung „Mani rosse“in Rom gegen Matteo Salvini. An den Händen des Innenminis­ters klebe Blut, sagen sie mit Hinweis auf hunderte Tote im Mittelmeer.

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