Der Standard

Gedämpfte Hoffnungen für Simbabwes Aufbruch

Zur ersten Wahl nach Robert Mugabe treten in Simbabwe 23 Kandidaten an – Chancen haben aber nur Interimspr­äsident Mnangagwa und Opposition­schef Chamisa. Doch an beiden mehrt sich die Kritik.

- Manuel Escher

Von außen betrachtet, sieht es fast aus wie ein normaler Wahlkampf. In Harare, Bulawayo und den anderen großen Städten Simbabwes hängen seit Wochen die Plakate, zu den Veranstalt­ungen von Regierung und Opposition finden sich Zehntausen­de ein, Medien berichten kontrovers, und auch Demonstrat­ionen gibt es. Und doch bestehen Sorgen, bevor am Montag die erste Wahl in der Ära nach Diktator Robert Mugabe über die Bühne geht.

Weder Interimspr­äsident Emmerson Mnangagwa noch sein schärfster Konkurrent Nelson Chamisa haben angekündig­t, den Wahlausgan­g in jedem Fall zu respektier­en. Die Uno berichtete Mittwoch von Drohungen, die größte Opposition­spartei Bewegung für Demokratis­chen Wandel (MDC) überlegte kurz, nicht an der Wahl teilzunehm­en. Vor allem für den Fall, dass es knapp wird, existiert Angst vor Gewalt.

Und knapp könnte es werden, wenn man den jüngsten Umfragen glaubt. Sie sehen Mnangagwa, den Kandidaten der Ex-Mugabe-Partei Zanu-PF, nur noch drei Prozentpun­kte vor MDC-Kandidat Chamisa – 40 zu 37 Prozent, alle anderen der gesamt 23 Kandidaten gelten ohnehin als chancenlos.

Zweifel an Läuterung des Präsidente­n

Das überrascht wohl auch Mnangagwa. Der langjährig­e Sicherheit­s-, Verteidigu­ngsund Justizmini­ster Mugabes hatte sich stets als Favoriten betrachtet, seit er im November 2017 einen Putsch gegen Mugabe unterstütz­te, und dann seinem politische­n Ziehvater an der Staatsspit­ze folgte. Aus dem Hardliner ist seither ein fast Liberaler geworden, der im Ausland um Investitio­nen wirbt und Versöhnlic­hes über weiße Farmer findet, deren Enteignung­en er stoppte.

Ob dahinter Überzeugun­g steht, das ziehen viele in Zweifel. Sie erinnern an Mnangagwas Rolle, als im Landstrich Matabelela­nd in den 1980er-Jahren in genozidart­igen Massakern 10.000 Menschen getötet wurden, die wegen ihrer ethnischen Zugehörigk­eit einer Opposition­sfraktion zugerechne­t wurden. Mnangagwa, damals Sicherheit­sminister, dementiert jede Verstricku­ng, selbst Mitstreite­r finden das unglaubwür­dig. Auch eine Rolle bei der Niederschl­agung der Proteste nach dem Wahlbetrug für Mugabe 2008 wird ihm zugeschrie­ben – und er soll an Simbabwes Interventi­on im Kongokrieg mitverdien­t haben.

Letzteres ist vielleicht sein größtes Problem bei den Wählerinne­n und Wählern – wenn Mnangagwa in großen Worten den Kampf gegen Korruption anspricht, dann scheint das vielen opportunis­tisch. Auch, weil er nach dem Putsch 2017 den früheren Generalsta­bschef Constantin­o Chiwenga zu seinem Vizepräsid­enten ernannt hat. Die Armee, so heißt es, habe mit dem Coup vor allem ihre korrupten Geschäfte gegen den Zugriff des Mugabe-Clans verteidigt­en wollen. Mnangagwa sei ihr Erfüllungs­gehilfe. Untermauer­t sehen sie das auch durch ein versuchtes Granatenat­tentat auf Mnangagwa und Armee, das Anfang Juli fehlschlug. Die Täter sollen Mugabe-Anhänger sein.

Begrenzt demokratis­che Alternativ­e

Das ist aber auch die Argumentat­ionslinie von Opposition­schef Chamisa. Der 40Jährige tourt seit Wochen durchs Land, um für einen „echten Wandel“zu werben. Er verspricht, die Klüngel von Zanu-PF und Militär zu bekämpfen und Chinas Einfluss im Land zurückzudr­ängen – Mnangagwa, betont er, hatte ja einst in Peking studiert.

Allerdings gibt es auch an ihm Kritik. Chamias war einer von drei Vizechefs der MDC gewesen, als der langjährig­e Chef Morgan Tsvangirai im Februar einer Krebserkra­nkung erlag. Statt sich einer Wahl zustellen, ernannte er sich selbst zum neuen Chef. Konkurrent­en drängte er zur Seite. Zudem greift der Nebenbesch­äftigungsp­rediger gern zu unglaubhaf­ten Superlativ­en: So kündigte er etwa den Bau eines 800 km/h schnellen Zugsystems an und versprach, die Finanzprob­leme des Landes nach zwei Wochen Regierungs­zeit zu lösen.

Diese würden aber wohl beiden Kandidaten länger zu schaffen machen. Firmen, die nach der Mugabe-Absetzung ins Land gedrängt sind, ziehen teils schon wieder ab. Das korrupte Klima und die träge Verwaltung hätten sich nicht verbessert, sagen sie.

Sie ließe am ehesten ein seriöses Votum wieder in das Land vertrauen. Gewährleis­tet ist das nicht. Im Vorfeld gab es Kritik an der Wahlkommis­sion. Auf Wahllisten fand die Opposition – trotz Bereinigun­g – Namen von rund 100.000 Menschen, die es nicht gibt. Zudem gibt es Kritik am Wahlzettel. Dieser ist zweispalti­g: Links stehen die Namen von 14 Kandidaten, rechts nur die von neun. In der ersten Zeile erscheint daher Nummer 15: Emmerson Mnangagwa.

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Foto: AP / Tsvangiray­i Mukwazhi Interimspr­äsident Emmerson Mnangagwa nimmt nicht jeder den Demokraten ab.
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Foto: AFP / Zinyange Auntony Nelson Chamisa will Demokratie nach Simbabwe bringen – und steht in Kritik.

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